Seitenverkehrte Blaupause
Mainz. Die 05-Kalenderblätter* waren ein fester Bestandteil der „nullfünf-Mixed-Zone“, die von August 2014 bis Oktober 2017 über den Mainzer Bundesligisten berichtete. Sie griffen Jubiläen, Besonderheiten und Ergebnisse an den jeweiligen Tagen auf. Heute geht es unter anderem um den ersten Mainzer Torschützen des Monats, um ein Idol der 1920er Jahre und um ein seltenes Erlebnis in Fürth.
16. Mai
Ludwig Scherhag wird heute 67 Jahre alt. Der gebürtige Koblenzer kam 1980 als Star der TuS Neuendorf zu den 05ern. Auf der linken Offensivseite schoss Scherhag in seiner ersten Saison neun Oberligatore, in der zweiten war er mit 15 Treffern zweitbester Mainzer Angreifer und trotz einer Schienbeinverletzung der überragende Spieler beim 3:0 gegen die Amateure von Werder Bremen im Endspiel um die Deutsche Amateurmeisterschaft. Scherhag bereitete Charly Mähns 2:0 vor und schoss selbst das dritte Tor.
Im dritten Jahr wurde der Offensivmann mit einer harten Volleyabnahme von der linken Strafraumseite in den rechten oberen Torwinkel beim 1:2 gegen den FSV Salmrohr (Karl-Heinz Halter schoss das 0:1 und bereitete das 0:2 durch Klaus Toppmöller vor) erster Mainzer Torschütze des Monats in der ARD-Sportschau. Dieser Treffer aus dem Oktober 1982 bildete quasi die seitenverkehrte Blaupause für Michael Thurks 1:0-Siegtor im November 2001 beim 1.FC Saarbrücken, das ebenfalls zum Tor des Monats gewählt wurde. Nach vier Jahren, 111 Oberligaspielen und 35 Treffern wechselte einer der wichtigsten 05-Spieler der frühen 1980er Jahre zurück in seine Heimatstadt.
Eine der tragischeren Nebenfiguren des Weltfußballs wird 39 Jahre alt. Der rumänische Stürmer Marius Niculae galt als junger Profi als eines der größten europäischen Talente. Mit 15 Jahren debütierte er beim Spitzenklub Dinamo Bukarest, als er mit 20 Jahren zu Sporting Lissabon wechselte, hatte er bereits 44 Tore in 100 Ligaspielen geschossen.
In Portugal erzielte Niculae beim Debüt das Siegtor gegen den Erzrivalen FC Porto, verletzte sich aber nach einem halben Jahr erstmals schwer. Wegen weiterer Verletzungen fehlte der Stürmer immer wieder monatelang. In der Rückrunde 2006/07 sollte er dem FSV Mainz 05 im Abstiegskampf helfen, war aber bei nur sechs Einsätzen an keinem Tor beteiligt.
Seine weitere Karriere führte ihn nach Schottland, Griechenland, China, in die Ukraine, die Türkei und immer mal wieder zu Dinamo Bukarest, aber nicht mehr zu den großen Vereinen, für die er ohne die Verletzungen wohl das Talent gehabt hätte.
17. Mai
Eine der frühen 05-Legenden, der Verteidiger Kurt Diemer, kam am Sonntag vor 127 Jahren zur Welt. Der 1912 und 1913 in vier A-Länderspielen eingesetzte Ex-Nationalspieler war einer der Kicker, die der Mainzer Fußballpionier Hugo Ries 1919 aus Berlin in die Heimat mitbrachte.
Neun Jahre lang war der als „eleganter, trotzdem wuchtiger, katzenschneller und dabei überlegener Verteidiger mit eisernem Willen“, aber auch als Mensch, „der das Leben nie so recht meistern konnte und doch immer so etwas von einem Grandseigneur an sich hatte“, charakterisierte Diemer der unumstrittene Abwehrchef der 05er und eines der Mainzer Fußballidole der 1920er Jahre. Nach dem Zweiten Weltkrieg verschlug es Kurt Diemer nach Marburg, wo er schon 1953 im Alter von 60 Jahren verstarb.
80 Jahre alt wird Günther Diederich, ein offensiver Mittelfeldspieler, der beim 1:4 in Neunkirchen am 8. März 1959 sein einziges Ligaspiel für die 05er bestritt.
25 Jahre alt wird Benjamin Trümner, der in 16 Saisonspielen für die 05-Drittligamannschaft zwei Tore schoss.
Acht Jahre liegt schließlich eines der wichtigsten Spiele des FSV Mainz 05 in der jüngeren Vergangenheit zurück: Als Tabellenzweiter der Zweiten Liga fuhren die 05er am 17. Mai 2009 in ein Stadion, in dem sie nicht gerne spielten – an den Fürther Ronhof, wo sie noch nie gewonnen und erst einmal einen Punkt geholt hatten.
Für beide Klubs ging es um den Aufstieg. Und die 05er gewannen das Spitzenspiel durch Markus Feulners Tor nach einer Stunde und Elkin Sotos Treffer in der vorletzten Minute 2:0 – der Aufstieg war damit immer noch nicht sicher, aber im Heimspiel gegen Rot-Weiß Oberhausen einen Dreipunktevorsprung auf den Relegationsplatz herzugeben, das schien undenkbar. Tatsächlich machten die 05er durch ein 4:0 gegen RWO die Rückkehr in die Bundesliga klar, aber das Schlüsselspiel war der erste Sieg in Fürth.
*Mit freundlicher Genehmigung von Jörg Schneider (nullfünf-Mixed-Zone).
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