Fuchs? Klar! Aber wer war Damián Salguero?
Mainz. Die 05-Kalenderblätter* waren ein fester Bestandteil der „nullfünf-Mixed-Zone“, die von August 2014 bis Oktober 2017 über den Mainzer Bundesligisten berichtete. Sie griffen Jubiläen, Besonderheiten und Ergebnisse an den jeweiligen Tagen auf. Heute geht es unter anderem um einen englischen Meister aus Österreich, einen vermutlich völlig in Vergessenheit geratenen Argentinier und das torreichste Unentschieden in der Vereinsgeschichte.
7. April
Dragan Bogavac wird heute 40 Jahre alt. Der Montenegriner, der immerhin mal Stammspieler bei Roter Stern Belgrad gewesen war und vor der Teilung des Staates einmal in der A-Nationalmannschaft von Serbien und Montenegro gespielt hatte, kam 2008 eher unerwartet zu den 05ern. Der kleine, gar nicht mal ungeschickte Stürmer war zuvor bei Wacker Burghausen eine Art Torjäger gewesen, bei TuS Koblenz und dem SC Paderborn 07 weniger.
Bogavac begann gut, schoss in den ersten zwei Spielen seine ersten zwei Tore: den Siegtreffer im Pokalspiel beim SV Babelsberg 03 und das 3:0 im Derby gegen den 1. FC Kaiserslautern zum Zweitligaauftakt. Das war‘s aber auch schon; bis zum Saisonende stand Bogavac zwar meistens im Kader, aber seine Einsatzzeiten wurden immer geringer. Nach dem Aufstieg spielte er noch genau eine Halbzeit in der Bundesliga, bald war er mehr oder weniger ausgemustert. Über den kasachischen Klub FK Astana zog es Bogavac zurück nach Belgrad, diesmal zum OFK, wo er offenbar 2014 seine Karriere beendete.
37 Jahre alt wird Damián Salguero, der wohl vergessenste Mainzer Profi von allen. Die 05er gaben den damals 20-jährigen Argentinier im Winter 2003/04 auf Verdacht einen sehr bescheiden dotierten Vertrag; die Transferperiode war zu kurz, um den Mittelfeldspieler hinreichend zu testen. Hätte Salguero im so erweiterten Probetraining überzeugt, wäre nach wenigen Wochen ein ernsthafter Kontrakt abgeschlossen worden. Er überzeugte aber nicht, und sein Vertrag wurde nach nur einem Testspieleinsatz wieder aufgelöst.
Auch schon 36 Jahre alt wird Marc Hiemer, der erste 05-Torjäger in der U-19-Bundesliga. Der blonde Strafraumstürmer aus Füssen im Allgäu traf in 22 Saisonspielen 15-mal, schaffte es aber anschließend nicht in den Profifußball. Bei den 05-Amateuren war der Neffe des ersten deutschen Eishockeyspielers, der es in die NHL schaffte, Uli Hiemer, nur ein gelegentlicher Einwechselspieler, weitere Stationen waren unter anderem die Oberligisten Eintracht Bad Kreuznach, KSV Klein-Karben, RW Frankfurt und RSV Würges.
Und 34 Jahre alt wird der ehemalige Kapitän der österreichischen Nationalmannschaft, der im Sommer 2016 dort seinen ersten Meistertitel gewann, wo wirklich niemand damit rechnen konnte: mit Leicester City in der Premier League. Großen Anteil daran hatte mit 32 Einsätzen der Linksverteidiger, neben Shinji Okazaki einer von zwei Ex-05ern im Überraschungsteam, Geburtstagskind Christian Fuchs.
Der war 2010 nach einigen Jahren als Stammspieler des SV Mattersburg – von dort kam auch Karim Onisiwo – über den VfL Bochum als Leihspieler zu den 05ern gewechselt. Fuchs war vielleicht der beste, auf jeden Fall aber der spektakulärste Linksverteidiger, den die Mainzer je in der Bundesliga hatten: dynamisch, schnell, offensivstark, gefährlich mit seinen langen Einwürfen und seinen Flanken.
Fuchs bereitete acht Tore vor – bei den Rheinhessen Bundesliga-Saisonrekord für Verteidiger, bis Zdenek Pospech in seinem letzten Jahr sogar auf neun Vorlagen kam –, ein Wert, den auch Spieler auf offensiveren Positionen nur selten übertrafen. In der besten Mainzer Saison, die 2011 auf dem fünften Platz endete, gehört Fuchs zu den Schlüsselspielern.
Unter etwas merkwürdigen Umständen wechselte der Österreicher jedoch nach nur einem Jahr zu Schalke 04. Formal war der Transfer sauber, aber in der Öffentlichkeit hatte Fuchs in den Tagen zuvor etwas zu sehr herumgeeiert, was die 05-Fans dem zuvor außerordentlich populären Profi übelnahmen. Auch auf Schalke war Fuchs lange Leistungsträger, und in der beginnenden Schlussphase seiner Karriere erreichte er auch die großen Ziele: die englische Meisterschaft und die EM-Qualifikation. Bei der EM 2016 in Frankreich bestritt er als Kapitän der Österreicher alle Vorrundenspiele über die volle Distanz, die Mannschaft schied allerdings als Gruppenletzter aus, Fuchs beendete anschließend seine Nationalmannschaftskarriere.
Besondere Spiele? Heute vor 91 Jahren gab es vor 4000 Zuschauern am Fort Bingen eine bemerkenswerte Partie gegen den SV Waldhof. Toni Brandel, Jockel Schneider und der Mittelstürmer Hirsch brachten die 05er schon in den ersten 18 Minuten mit drei wunderbar herausgespielten Toren 3:0 in Führung. Der Mannheimer Zinn verkürzte vom Anstoß weg auf 3:1, dann traf wieder Hirsch, nach einem Abwehrfehler erneut Zinn.
Pennig gelang nach einem weiteren Patzer der 05-Verteidigung der 4:3-Anschluss, Schneider erhöhte direkt vor der Halbzeit mit einem Volleyschuss auf 5:3. Die bereits bekannten Torschützen Zinn und Pennig glichen nach der Pause schnell aus. In zehnminütiger Unterzahl besaßen die Mainzer zwar die besseren Chancen, stattdessen aber traf der spätere 05er Heinrich Decker zur ersten Waldhof-Führung in diesem turbulenten Spiel.
Der angeschlagene Schneider, der nach längerer Behandlung wieder ins Spiel zurückkam, traf zwei Minuten später zum Endstand. Unter anderem hinter zwei schweren Niederlagen der Mainzer Rumpftruppe gegen den 1. FC Kaiserslautern in den ersten Nachkriegsjahren ist dieses 6:6 bis heute das sechsttorreichste Spiel der 05er und das höchste Unentschieden.
*Mit freundlicher Genehmigung von Jörg Schneider (nullfünf-Mixed-Zone).
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