Der Zweckoptimist lag daneben
Mainz. Die 05-Kalenderblätter* waren ein fester Bestandteil der „nullfünf-Mixed-Zone“, die von August 2014 bis Oktober 2017 über den Mainzer Bundesligisten berichtete. Sie griffen Jubiläen, Besonderheiten und Ergebnisse an den jeweiligen Tagen auf. Heute geht es unter anderem um ein Skandalspiel, ein entscheidendes Aufstiegsrundenspiel und einen Trainer, der anschließend den FC Bayern übernahm.
6. Juni
Heute wird Nihat Kaplan 47 Jahre alt, der 1989 als 16-Jähriger von Nassau Wiesbaden zu den 05-Junioren kam und von 1992 bis 1994 siebenmal in der Zweiten Liga spielte. Später setzte der Mittelfeldspieler seine Karriere im hessischen Amateurfußball bei Eintracht Frankfurt, der SG Egelsbach und der TSG Wörsdorf fort.
Vier Jahre jünger ist Akin Kilic. Der türkische Stürmer, der in der Jugend von Borussia Mönchengladbach spielte und im Westerwald, beim VfL Hamm/Sieg seine ersten Oberligatore schoss, kam 2002 zu den 05-Amateuren. Zunächst nur Joker, verletzte er sich am siebten Spieltag in Eisbachtal bei seinem ersten Startelfeinsatz schwer am Knie. Kilic gelang ein bemerkenswert schnelles Comeback, er etablierte sich aber nicht mehr im Team und verließ die 05er im Sommer wieder.
42 Jahre alt wird der Wiesbadener Christian Berger, der von 2002 bis 2004 in drei Oberligapartien und einem halben Regionalligaspiel im Tor der 05-Amateure stand.
Am 6. Juni 1973 fand in der Müngersdorfer Radrennbahn eines der größten Skandalspiele der 05er statt. Die Partie bei Fortuna Köln war das Spitzenspiel der Bundesliga-Aufstiegsrunde. In der hitzigen Atmosphäre entwickelte sich eine chaotische Begegnung, die kurz vor der Halbzeit eskalierte: Der Mainzer Libero Herbert Scheller und der riesige Kölner Vorstopper Gerd Zimmermann rasselten ineinander; wahrscheinlich hatte einer den anderen umgetreten, genau aufgeklärt wurde das nie.
„Beide sind zum Ball gegangen. Hinterher haben beide auf der Erde gelegen. Der Schiedsrichter hat mit der Roten Karte herumhantiert und niemand wusste, was Sache war", kommentierte 05-Kapitän Willi Löhr die Szene. Scheller jedenfalls fragte Löhr, ob nur Zimmermann vom Platz geflogen sei oder auch er selbst, worauf der Kapitän sagte: „Spiel weiter.“ Erst in der Halbzeit merkte der Schiedsrichter, dass die Mainzer noch zu elft waren; Scheller wurde daraufhin lange gesperrt. Und da die Fortuna dieses vorentscheidende Spiel 3:0 gewann, verpassten die Mainzer den Aufstieg.
17 Jahre später, längst in der Drittklassigkeit gelandet, empfingen die 05er am Bruchweg in der Aufstiegsrunde zur Zweiten Bundesliga die SG Rot-Weiß Frankfurt. Zwei Tage vorher hatten sie in Frankfurt 2:1 gewonnen. Ein RW-Stürmer urteilte damals: „Schade war‘s. Wir haben zwei dumme Tore kassiert. Die Mainzer waren doch nur optisch die bessere Mannschaft. Im Rückspiel schlagen wir sie und dann steigen wir als Zweiter auf.“
Der Name des schlechtgelaunten, aber zweckoptimistischen Angreifers: Jürgen Klopp. Mit seiner Prognose lag er daneben. Am 6. Juni 1990 gewannen die 05er das Rückspiel 3:1. Bereits nach 48 Sekunden lief Charly Mähn in einen zu kurzen Rückpass und schoss mit einem Heber an den Innenpfosten das 1:0. Weitere Tore von Olaf Kirn und Norbert Hönnscheidt sicherten ihnen bereits im vierten von sechs Aufstiegsrundenspielen die Rückkehr in die Zweite Liga. Jürgen Klopp nahmen sie mit.
Heute vor 20 Jahren schließlich verstarb im Alter von 83 Jahren der ehemalige 05-Trainer Georg Bayerer. Der Münchner war 1952 Nachfolger von Hans Geiger, wurde mit seinem defensiv orientierten Spiel immerhin Achter in der Oberliga, wechselte aber nach nur einem Jahr in Mainz zurück in die Heimat und übernahm den FC Bayern.
*Mit freundlicher Genehmigung von Jörg Schneider (nullfünf-Mixed-Zone).
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