Christian Karn / Peter H. Eisenhuth | 23.04.2020

„Er heißt Andrööösen“

Das 05-Kalenderblatt* für den 23. April.
Leon Andreasen war in den wenigen Monaten, in denen er am Bruchweg spielte, ein Leistungsträger im defensiven Mittelfeld...
Leon Andreasen war in den wenigen Monaten, in denen er am Bruchweg spielte, ein Leistungsträger im defensiven Mittelfeld... | Bernd Eßling
...und wäre wohl auch ein Publikumsliebling geworden, hätten die 05er ihn nicht nach dem Abstieg an Werder Bremen zurückgeben müssen.
...und wäre wohl auch ein Publikumsliebling geworden, hätten die 05er ihn nicht nach dem Abstieg an Werder Bremen zurückgeben müssen. | Bernd Eßling

Mainz. Die 05-Kalenderblätter* waren ein fester Bestandteil der „nullfünf-Mixed-Zone“, die von August 2014 bis Oktober 2017 über den Mainzer Bundesligisten berichtete. Sie griffen Jubiläen, Besonderheiten und Ergebnisse an den jeweiligen Tagen auf. Heute geht es unter anderem um Leon, den Profi ohne ö, um ein Skandalspiel am Millerntor und um einen Mainzer, der 30.000 Brasilianer begeisterte, ohne gegen den Ball getreten zu haben.

 

23. April

Einer der zwei erfolgreichsten Fußballer, die in Mainz geboren wurden, hat heute Geburtstag: Franco Foda wird 54 Jahre alt. Als Jugendspieler war er für die 05er von 1979 bis 1981 aktiv, für die diversen Endrundenteilnahmen um die Deutsche Meisterschaft der A- und B-Jugend in jener Zeit war er noch zu jung.

Zum Profi wurde Foda beim 1.FC Kaiserslautern, für den er 90 seiner insgesamt 321 Bundesligaspiele bestritt. Die anderen verteilten sich auf Arminia Bielefeld (34), den 1.FC Saarbrücken (15), Bayer Leverkusen (113) und den VfB Stuttgart (69). Auch zwei Auslandsstationen stehen in Fodas Vita: der FC Basel (1996/97) und in den folgenden vier Jahren Sturm Graz. Für die Österreicher war der Mainzer unter anderem in 99 Liga- und 16 Champions-League-Spielen im Einsatz.

In Graz war er nach dem Ende seiner aktiven Laufbahn mit einer kurzen Unterbrechung (2012/13 FCK) auch als Trainer tätig; 2017 übernahm er die österreichische Nationalmannschaft.

Für Begeisterung sorgte Foda beim ersten seiner zwei Länderspieleinsätze – und dafür musste er nicht mal was tun. In Brasilia war’s, am 12. Dezember 1987, als Teamchef Franz Beckenbauer den 21-Jährigen in der Schlussphase des Spiels der deutschen Mannschaft gegen Brasilien einwechselte. Die rund 30.000 Zuschauer, die schon beim Verlesen der Mannschaftsaufstellungen ihren Spaß gehabt hatten, verfielen jetzt in einen geradezu ekstatischen Jubel. Warum, erfuhr der Spieler erst am nächsten Tag aus der Presse: Franco Foda heißt auf Portugiesisch so viel wie „kostenloser Geschlechtsverkehr“ in der Umgangssprache…

Der neben Foda erfolgreichste in Mainz geborene Kicker ist der kroatische Nationalspieler Mario Pašali?, der freilich nie das 05-Trikot trug.

 

Vor 15 Jahren verstarb Manfred Nimführ im Alter von nur 53 Jahren. Nach fünf Jahren, in denen er vereinzelt in Testspielen eingesetzt worden war, gab er 1975/76 noch in der Zweiten Liga sein Pflichtspieldebüt. In den folgenden vier Saisons verpasste er von 142 möglichen Spielen lediglich drei, spielte 135-mal durch, anfangs als Vorstopper und Rechtsverteidiger, von 1977 als unumstrittener Linksverteidiger. 1980 beendete er seine Karriere mehr oder weniger, war noch mal kurz für Harxheim 03, die 1b-Mannschaft der 05er und den SV Wiesbaden aktiv.

 

Nils Döring wird am Sonntag 40 Jahre alt. Der Wiesbadener kam als 16-Jähriger zu Mainz 05 und stand nach 80 Oberligaspielen kurz vor dem Profikader, wechselte 2002 aber zum Regionalligateam des 1. FC Kaiserslautern. Über die Sportfreunde Siegen, den SC Paderborn und Rot Weiss Ahlen (für die er insgesamt 120 Zweitligaspiele bestritt) sowie den SV Wehen kam Döring 2011 zurück nach Mainz: Drei Jahre lang spielte der Verteidiger für den TSV Schott, mit dem er 2014 unter Kayhan Cakici in die Oberliga. Danach schloss er sich wieder dem Hessenligisten SV Wehen Wiesbaden II. Seitdem ist er dort auch als Trainer der A- beziehungsweise B-Junioren tätig.

 

37 Jahre alt wird Leon „der Profi“ Andreasen. Der Däne kam im Winter 2006/07 von Werder Bremen zu den 05ern, und hätten diese den Abstiegskampf bestanden, wäre es neben dem ebenfalls im Januar zurückgeholten Mohamed Zidan in hohem Maße dem Dänen zu verdanken gewesen. Andreasen brachte viel Ordnung ins zentrale Mittelfeld, schoss entscheidende Tore, hielt seine Form aber nicht bis zum Schluss.

Nach dem Abstieg mussten die Mainzer ihn den Bremern zurückgeben, die ihn bald an Fulham weitergaben, ehe er 2009 zu Hannover 96 wechselte. 2016 lief sein Vertrag aus; nach längerer Zeit ohne Klub beendete er seine Karriere, die von vielen schweren Verletzungen durchzogen war. Unter anderem fiel er die komplette Hinrunde 2009/10 aus und spielte zwischen dem 4. April 2010 und dem 26. August 2012 kein einziges Mal in der Bundesliga.

Der niedersächsischen Hauptstadt blieb er treu, inzwischen betreibt er ein Modelabel. Geblieben ist auch ein legendärer Satz des ZDF-Reporters Rolf Töpperwien:

„…die dickste Möglichkeit durch den dänischen Nationalspieler Andrööösen, der nicht Andreasen heißt und nicht Andreasen heißt und auch nicht Andreesen: Er heißt Andrööösen.“

Da irrte der schlaue Rolf: Der Name des Dänen wird mit langem a ausgesprochen: Andre-a-sen.

 

Und 32 Jahre alt wird Marco di Maria, der von 2006 an vier Jahre lang in den Mainzer Nachwuchsteams spielte und dann in den hessischen und unterfränkischen Amateurfußball (Kickers Obertshausen, Bayern Alzenau, Hessen Dreieich) wechselte.

 

Apropos Verletzungen: Zum 20. Mal jährt sich das Skandalspiel in St. Pauli. Nach 20 Minuten musste bereits Miroslav Tanjga mit gebrochener Kniescheibe vom Platz; es war das Karriereende für den erfahrenen serbischen Verteidiger. Chaotisch wurde es aber erst in der letzten Viertelstunde. Dimo Wache hatte sich den Fuß gebrochen und war nach einer kurzen Behandlungspause machtlos gegen den Ausgleich. Wechseln durften die Mainzer nicht mehr.

Schiedsrichter Bernd Hauer unterstellte dem 05-Torwart Schauspielerei und verweigerte eine weitere Behandlung auf dem Platz, die es Wache ermöglicht hätte weiterzuspielen. Trainer Wolfgang Frank war trotzdem zweimal im Strafraum, um seinem Schlussmann beizustehen, musste ihn aber schließlich vom Feld nehmen. Notkeeper Jürgen Kramny kassierte das 1:2, Wache war erst im August wieder dabei.

*Mit freundlicher Genehmigung von Jörg Schneider (nullfünf-Mixed-Zone).

 

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