Kalenderblätter | Christian Karn | 18.06.2020

Gegner kam mit Privatautos

Das 05-Kalenderblatt* für den 18. Juni.

Mainz. Die 05-Kalenderblätter* waren ein fester Bestandteil der „nullfünf-Mixed-Zone“, die von August 2014 bis Oktober 2017 über den Mainzer Bundesligisten berichtete. Sie griffen Jubiläen, Besonderheiten und Ergebnisse an den jeweiligen Tagen auf. Heute geht es vor allem um das Rekordergebnis in der Zweiten Liga.

 

18. Juni

Heute vor 92 Jahren wurde Rudi Naffin geboren. Der Verteidiger spielte in der Saison 1948/49 mindestens dreimal, möglicherweise auch sechsmal für den FSV Mainz 05 (die Dunkelziffer von Spielen ohne oder mit unvollständiger Aufstellung ist groß), später unter anderem für die SG Weisenau und Wacker 04 Berlin.

 

Genau zehn Jahre jünger war der Stürmer Günter Sauerzapf, der am 9. September 1956 beim 0:2 in Andernach sein einziges Ligaspiel mit der Ersten Mannschaft der 05er absolvierte und später für die FVgg Mombach 03 spielte. Sauerzapf verstarb am 30. Oktober 2013 im Alter von 75 Jahren.

 

Gerhard Görlach, vor 79 Jahren geboren, hatte eine größere Karriere: Der damalige 05-Nachwuchsspieler debütierte bereits 1959 im Oberligateam, vom Frühjahr 1963 an war er regelmäßig dabei. Zunächst wurde Görlach auf verschiedenen Mittelfeldpositionen eingesetzt, gelegentlich sogar als Außenstürmer.

1965/66 verpasste Görlach keine Begegnung: In der Hinrunde vertrat er den verletzten Carlo Storck als Libero, in der Rückrunde war er zentraler Manndecke. Im Frühjahr 1967 fiel Görlach selbst lange aus; nach 14 Oberliga- und 66 Regionalligaspielen und insgesamt sechs Toren verließ er die 05er anschließend. Für die SV Weisenau absolvierte der Verteidiger bis 1971 weitere 76 Partien in der zweithöchsten Liga.

 

Vor genau 25 Jahren sicherten sich die 05er mit ihrem höchsten Sieg in der Zweiten Bundesliga mal wieder den Nichtabstieg. Es war ein kurioser Abstiegskampf: Ihren Trainer Josip Kuze hatten die 05er früh in der Saison entlassen. Sein Assistent, der junge Hermann Hummels, wurde Chef, begann gut, hatte aber nicht die notwendige Autorität. Hummels holte den ersten Sieg beim Angstgegner FC Homburg seit 1966, verlor aber, auch weil Manndecker Holger Greilich mit einer Leistenverletzung fehlte, fünf der nächsten sechs Spiele und trat schließlich zurück. Zum ersten, aber nicht zum letzten Mal sprang zunächst Amateurtrainer Manfred Lorenz ein, dann sollte – siehe Kalenderblatt vom 17. Juni – Horst Franz, ein Trainer ältester Schule, die 05er vom vorletzten Platz auf einen Nichtabstiegsrang führen.

Wo dieser genau war, war jedoch lange unklar, denn am 22. Mai gab es vier Lizenzverweigerungen: Erstligist Dynamo Dresden sowie die Zweitligisten 1. FC Saarbrücken, 1. FC Nürnberg und Hertha BSC mussten in die Regionalliga, wodurch es keinen sportlichen Abstieg aus der Zweiten Liga geben würde. Doch der FCN und die Hertha wurden am 8. Juni in zweiter Instanz begnadigt. Mit sieben Punkten Vorsprung bei noch zwei ausstehenden Spielen waren die Mainzer damit immer noch vorzeitig gerettet, aber die Gefahr bestand, dass auch die beiden anderen Klubs die Lizenz doch noch erhalten könnten. Der Drittletzte, der FSV Zwickau, war nur einen Punkt entfernt und gewann prompt gegen die Mainzer.

Gäste mit Notaufgebot

Um auf jeden Fall sicher zu sein, mussten die 05er den FSV Frankfurt schlagen. Die Bornheimer waren Tabellenletzter mit gewaltigem Rückstand und fast 100 Gegentoren. Schon lange vor dem 22. Mai hatten sie Sprüche gemacht, sie bräuchten nur vier Lizenzverweigerungen, um Zweitligist zu bleiben. Tatsächlich wussten sie, dass der Abstiegskampf längst verloren war, und nahmen das letzte Spiel am Bruchweg nicht mehr ernst.

Ihr Notaufgebot reiste mit Privatautos, Stammtorwart Thomas Ernst spielte im Feld. Und die 05er überrannten diesen Gegner einfach: 1:0 nach zwei Minuten durch Hendrik Weiß, 2:0 nach fünf Minuten durch Sergej Schukow, 3:0 nach neun Minuten durch ein Eigentor von Jürgen Klopps Kumpel Alexander Schur, 4:0 nach 17 Minuten durch Abdul Ouakili. 7:1 am Ende durch weitere Treffer von Thomas Ziemer (2) und Sven Demandt sowie Weiß‘ Eigentor. Und kurz darauf gab’s die Gewissheit: Weil Nürnberg in Rostock verloren hat, hatten sich die 05er sportlich gerettet. Letztlich war die ganze Aufregung aber umsonst, denn der FCS und Dynamo Dresden mussten tatsächlich runter, auch Nürnberg und Zwickau blieben Zweitligisten.

 

Sechs Jahre zuvor, nur der Vollständigkeit halber sei das erwähnt, hatten sich die 05er mit einem 1:1 gegen den VfL Osnabrück vorübergehend aus der Zweiten Liga verabschiedet.

 

*Mit freundlicher Genehmigung von Jörg Schneider (nullfünf-Mixed-Zone).

 

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