Frustrierendes Ende eines verheißungsvollen Spiels
Mainz. Es hätte der Tag des Jean-Philippe Mateta werden können. Am fünften Spieltag dieser bislang so unerquicklich verlaufenen Saison bewies der Franzose nach langer Zeit mal wieder, dass ihm seine Torjägerqualitäten nicht abhandengekommen sind. Gleich zweimal traf er am Samstagnachmittag in der Arena am Europakreisel, glich zunächst im Spiel gegen Borussia Mönchengladbach aus und brachte den FSV Mainz 05 dann in Führung.
Doch abgesehen davon, dass er damit seine persönliche Bilanz aufbesserte und sein Selbstbewusstsein stärkte, blieben die beiden Treffer letztlich bedeutungslos. Weil die Gastgeber die Partie in der Schlussphase aus der Hand gaben und mit 2:3 (2:1) unterlagen. Auch nach ihrer besten bisherigen Saisonleistung gingen die Mainzer leer aus, als einzige Mannschaft der Liga warten sie noch auf den ersten Punktgewinn.
„Wir hatten uns vorgenommen, konsequenter nach vorne zu spielen“, sagte Trainer Jan-Moritz Lichte, „in dem Bereich haben wir auch gearbeitet. Für ,Schi-Pi‘ ist es wichtig, Tore zu schießen, das soll er auch beibehalten. Trotzdem ist er so frustriert wie alle anderen.“
Zu zweit bei Embolo, keiner bei Stindl
Kollege Marco Rose („Ich hatte in den zehn Jahren hier meine schönste Zeit als Fußballer, Verein und Stadt liegen mir am Herzen“) wünschte seinem ehemaligen Klub, er möge gestärkt aus dieser schweren Phase rauskommen. „Das wünsche ich mir auch“, sagte Lichte, der zunächst einmal in Ruhe analysieren will, warum es diesmal nicht zum ersten Erfolgserlebnis der Saison gereicht hatte. Ob dieses Spiel zur Stärkung dienen kann? „In jedem Fall bringt es uns im Hinblick auf das nächste Spiel neue Informationen.“
Zu den simplen Antworten auf die Frage, was seine Mannschaft hätte besser machen können, gehört: das erste Gegentor verhindern. Als Stefan Lainer nach einer Viertelstunde von der rechten Außenbahn eine Flanke gen zweiten Pfosten schlug, stiegen Luca Kilian und Jeremiah St. Juste mit Breel Embolo hoch, doch für das, was dabei herauskam, hätte auch einer gereicht: Der Gladbacher Stürmer legte die Kugel per Kopf für Lars Stindl vor, der sie aus fünf Metern ins Netz haute. Vielleicht hätte sich ein Mainzer Innenverteidiger besser direkt zu Stindl begeben sollen.
Es sprach für die schon vor einer Woche gegen Bayer Leverkusen zu beobachtende neue Mainzer Stabilität, dass die Mannschaft nach dem Rückstand keine Lähmungs- oder gar Auflösungserscheinungen zeigte. Im Gegenteil. Die 05er, deren Pressing und Gegenpressing den Gästen zu schaffen machte und einige Ballgewinne nach sich zog, hielten ihre Linie bei und hätten nur drei Minuten später ausgleichen müssen: Jean-Paul Boëtius nach starker Ballbehauptung passte auf Robin Quaison, der zu Mateta, der direkt wieder auf Boëtius weiterleitete – doch dessen freier Schussbahn entsprang aus 15 Metern nur ein mäßig harter Flachschuss in die Ecke, der Yann Sommer nicht ernsthaft prüfte.
Mateta staubt ab
Derlei Szenen, in denen sich die Mainzer schön durchkombinierten, aber den wuchtigen Abschluss vermissen ließen, gab es mehrere, auch durch Quaison. In der 23. Minute aber gab der Schwede einen ungewollten Assist: Danny Latza passte aus dem Mittelfeld steil in den Strafraum, Quaison drehte sich um Tony Jantschke und schoss, bedrängt von Nico Elvedi, von halblinks an den rechten Pfosten – aber diesmal war Mateta zur Stelle und staubte zum 1:1 ab.
Glück hatten die 05er bei einem Schuss von Patrick Hermann, der auf der Oberseite der Latte landete (31.), und bei Robin Zentner konnten sie sich bedanken, dass der kurz vor der Pause die Nerven im Eins-gegen-eins mit dem konternden Hermann behielt, nachdem dieser Luca Kilian hatte ins Leere grätschen lassen und frei vor dem Keeper stand (45.)
Dazwischen aber war Mateta der zweite Streich gelungen: Eine Flanke von Rechtsaußen Levin Öztunali ließ er von der Brust prallen, setzte parallel zum Tor nach, und schoss, ehrfurchtsvoll umringt von fünf Gladbachern, aus halbrechter Position mit rechts ins lange Eck (36.).
Öztunali scheitert an Sommer
Nach dem Seitenwechsel deutete sich lange Zeit nicht an, dass die Partie noch kippen könnte. Zwar kamen die Gäste per Konter durch den von Moussa Niakhaté zu zaghaft angegriffenen Hermann zur eine, Abschluss, den Zentner stark parierte, und einem zweiten Versuch aus kurzer Distanz, den Niakhaté auf der Linie klärte (51.). Doch auf der anderen Seite verzeichneten die 05er nicht minder gute Gelegenheiten: Quaison, von Boëtius eingesetzt, schoss erneut zu kraftlos (52.), Öztunali wackelte nach einem gefühlvollen Heber von Kunde in den Strafraum Matthias Ginter aus, kam aber nicht an Sommer vorbei (57.).
Und je mehr die Mainzer den Gegner unter Druck setzten, desto er häuften sich die Gladbacher Abspielfehler. Doch all dies wurde zu Makulatur, als Niakhaté sich mit ausgestrecktem Arm in einen Schuss von Marcus Thuram warf, den Ball an den Oberarm bekam – und Jonas Hofmann den Elfmeter zum Ausgleich verwandelte.
Rose spendet Trost: Das gab's schon einmal...
Danach habe er den Eindruck gehabt, dass die Köpfe seiner Spieler nach unten gegangen seien, sagte Jan-Moritz Lichte später. Nach vier Niederlagen hintereinander sei es in einer solchen Situation zwar schwieriger, noch an den Sieg zu glauben. „Aber trotzdem haben wir noch genau so viel Zeit wie Gladbach, das Spiel zu gewinnen. Das müssen wir in die Köpfe bekommen.“ Tatsächlich aber gelang den 05ern nach dem 2:2 nach vorne nicht mehr viel, trotz Lichtes offensiver Wechsel. Schlimmer noch: Eine Ecke von Hofmann verlängerte Matthias Ginter mit dem Schädel zum 2:3 ins lange Eck (83.).
Es war ein schwacher Trost, aber immerhin ein Trost, dass Marco Rose einen Vergleich zur Mainzer Bundesligasaison 2005/06, der zweiten unter Jürgen Klopp, anstellte: „Damals sind wir auch mit fünf Niederlagen gestartet und haben dann das Derby in Kaiserslautern gewonnen“, sagte der Gladbacher Trainer. Den 05ern des Jahres 2020 wäre am nächsten Wochenende schon ein Sieg beim FC Augsburg recht.
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