Bundesliga | Peter H. Eisenhuth | 29.11.2020

Kein zweiter Sieg, aber der fünfte Punkt

Mit dem 1:1 (1:0) gegen die TSG Hoffenheim bleibt der FSV Mainz 05 zum dritten Mal hintereinander ungeschlagen. Trainer Jan-Moritz Lichte betrachtet das Resultat deutlich positiver als einer seiner Vorgänger im TV-Studio, ärgert sich aber dennoch über die vertane Chance auf den nächsten Dreier.
Robin Quaison (Mitte) brachte die 05er am Sonntagabend in Führung.
Robin Quaison (Mitte) brachte die 05er am Sonntagabend in Führung. | Marcel Lorenz / rscp-photo

Mainz. Aus dem zweiten Saisonsieg ist am Sonntagabend noch nichts geworden – und wer zur Hälfte gefüllte Gläser eher als halbleer betrachtet, wird diesen Aspekt in den Vordergrund stellen. Und vielleicht auch noch die Tatsache, dass der FSV Mainz 05 einen Tabellenplatz eingebüßt hat und jetzt den Relegationsrang belegt. Fakt ist jedoch auch: Mit dem 1:1 (1:0) gegen die TSG Hoffenheim haben die Rheinhessen zum dritten Mal in Serie gepunktet.

Genau diesen Aspekt betonte auch Jan-Moritz Lichte in seinem ersten Statement. Dass dieses Unentschieden keiner der beiden Mannschaften weiterhelfe, wie es der frühere Mainzer Coach Martin Schmidt im „Sky“-Studio ausführte, „kann man als Experte sagen“, meinte Lichte. „Als Trainer kann ich nicht sagen, dass es uns keinen Schritt weiterbringt. Es bringt uns das Gefühl und die Gewissheit, dreimal hintereinander nicht verloren zu haben. Das hilft uns weiter.“

Gleichwohl ärgerte sich der 05-Trainer. „Wir glauben, auch nach dem 1:1 die besseren Situationen gehabt zu haben“, verwies er auf einige Überzahlangriffe und Ecken, nach denen aus dem Gewühl vor dem Tor von Oliver Baumann heraus durchaus der Lucky Punch möglich gewesen wäre, den sich nicht nur Rouven Schröder gewünscht hatte. Der Sportvorstand sprach angesichts der gegnerischen Großchancen allerdings von einem gerechten Ergebnis.

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Die Angst, etwas zu verlieren

Dass es keine drei Punkte wurden, dazu trugen die Gastgeber mit ihrer Herangehensweise in der zweiten Halbzeit bei. Wie beim 3:1 in Freiburg etwa von der 60. Minute an, traten sie diesmal schon mit Wiederbeginn zu passiv auf. Gerade so, als blockiere die Angst, etwas zu verlieren zu haben, sie in ihren Aktionen nach vorne. „Gefühlt war es so, dass wir uns wieder so verhalten haben, dass wir den Vorsprung verteidigen wollten, statt aktiv zu bleiben und vielleicht eine Vorentscheidung herbeizuführen“, bestätigte Lichte.

Es bedürfe noch einer Analyse, um herauszuarbeiten, ob seine Mannschaft so passiv geworden sei, oder ob der Hoffenheimer Druck sie dazu gezwungen habe. „Ich vermute, es wird irgendwo dazwischen liegen.“

Matetas Bogenlampe

Der Mainzer Trainer hatte exakt jene Formation aufs Feld geschickt, die auch beim ersten Saisonsieg von Anfang an gespielt hatte. Und die erspielte sich in der achten Minute ihre erste Großchance: Daniel Brosinski flankte von links zwar nicht gut, aber TSG-Verteidiger Kevin Akpoguma machte den Ball scharf, indem er ihn hoch verlängerte und am zweiten Pfosten Jean-Philippe Mateta ins Spiel brachte. Dessen brandgefährlichen Bogenlampenkopfball beförderte Torwart Oliver Baumann mit einer starken Parade zur Ecke.

Die Szene bildete den Auftakt einer schwung- und druckvollen Mainzer Phase mit guten Hereingaben in den Strafraum und, nach einer Ecke, Matetas zweitem Abschluss; aus elf Metern Entfernung setzte er seinen Drehschuss zu hoch an.

Dass die Gäste insgesamt deutlich mehr Ballbesitz hatten, gehörte zum einem zu Jan-Moritz Lichtes Plan und tat seiner Mannschaft, die mehr Strafraumszenen verbuchte, auch nicht sehr weh, weil die das Ganze in den allermeisten Szenen gut wegverteidigte. Aus dem Positionsspiel heraus sorgten die Kraichgauer nur selten für Gefahr.

Zentners Glanztat, Quaisons Treffer

Eine Topchance eröffnete sich Stefan Posch in der 19. Minute: Nach einem Freistoß setzte er sich auf Höhe des zweiten Pfostens im Kopfballduell mit Jeremiah St. Juste durch – aber Robin Zentner verhinderte mit einer Glanztat, indem er aufs rechte Knie ging und den Ball mit der linken Fußspitze abwehrte, einen Mainzer Rückstand. Wenig später nahm Leandro Barreiro dem einschussbereiten Andrej Kramaric den Ball vom Fuß.

Sebastian Hoeneß haderte später damit, dass der Mainzer Führungstreffer zu einem Zeitpunkt fiel, „als wir die Kontrolle übernommen hatten und als wir am Drücker waren. Angebahnt hat sich das nicht“, sagte der Hoffenheimer Trainer

Diesen Treffer erzielte Robin Quaison aus vier Metern und fast zentraler Position – gerade so, als wollte er den Beleg für das nachliefern, was sein Trainer vor Spielbeginn am „Sky“-Mikrofon gesagt hatte: Angesprochen auf die Bedeutung Jean-Philippe Matetas fürs Mainzer Offensivspiel (der Franzose hat sieben der bisher zehn Saisontore gemacht), lautete Lichtes Antwort, Mateta spiele nun mal in der Spitze, „und wenn da jemand anderes stünde, bekäme der auch seine Chancen…“ In diesem Fall eben der Quaison (33.).

Gefahr gegen Ende der Halbzeit

Nicht unerwähnt bleiben darf freilich, wie sehr auch Mateta in dieses 1:0 involviert war. Der Torjäger behauptete einen aus der Mitte der eigenen Hälfte geschlagenen Ball von St. Juste mit dem Rücken zum Tor gegen Kasim Adams, legte ihn dann mit der Hacke in den Lauf von Jean-Paul Boëtius, und dessen scharfen Kurzpass verwertete der schwedische Kollege.

Als die erste Halbzeit fast vorbei war, schrammten die Mainzer noch zweimal knapp am Gegentor vorbei. Zentner beendet einen Hoffenheimer Konter, indem er einen Schuss von Ilhan Bebou aus kurzer Distanz im Eins-gegen-eins mit dem Kopf abwehrte (45.). Und in der zweiten Minute der Nachspielzeit, als die TSG das Spiel erneut auf den rechten Flügel verlagerte, Posch flach nach innen passte und Baumgartner aus zehn Metern direkt abschloss, warf sich Hack in den Ball, an den Zentner womöglich nicht mehr herangekommen wäre.

Rot für Tritt von hinten

Nach der Pause büßte die Begegnung an Attraktivität ein. Die Mainzer zogen sich zu weit zurück und kamen deshalb kaum noch nicht mehr in Umschaltsituationen, die Hoffenheimer entwickelten eine Ballbesitzdominanz, aber kaum Torgefahr. Dennoch wirkte der Ausgleich, der Bebou nach Zuspiel von Ryan Sessegnon gelang, irgendwie logisch (62.).

Mehr los war trotz allem vor dem Tor der TSG. St Juste traf den Ball im Gewühl nach einer Ecke nicht so, dass er Baumann hätte überwinden können (65.), zehn Minuten später jedoch wer der Keeper machtlos gewesen: Quaison hatte Mateta auf der rechten Außenbahn geschickt, der Franzose setzte sich gegen Adams durch, schoss flach aufs lange Eck – und traf den Pfosten.

Etwas hektisch geriet die letzte Viertelstunde inklusive fünfminütiger Nachspielzeit: Schiedsrichter Sascha Stegemann zeigte dem Hoffenheimer Dennis Geiger nach einem Foul an Karim Onisiwo die Rote Karte (80.), was die Gäste per se aufregte, weil sie die Aktion als taktisches Foul bewerteten. Der Referee bezog in seine Überlegung allerdings ein, dass Geiger den davoneilenden Mainzer von hinten gefällt hatte – kein brutaler Tritt, aber einer, den der Gefoulte nicht erahnen konnte.

Eckenserie ohne Ertrag

„Wir brauchen die Szene nicht größer zu machen, als sie war“, sagte Hoeneß später, auf eine angebliche Beleidigung seines Spielers durch den Mainzer Sportvorstand angesprochen. „Ich habe keine Beleidigung gehört“, sagte der TSG-Trainer; seine Replik auf das, was tatsächlich gesagt wurde, sei auch nicht an Schröder gerichtet gewesen.

Für Jan-Moritz Lichte war es ebenfalls „keine besondere Situation. Es ist einfach so, wenn das in der 80. Minute beim Stand von 1:1 passiert und beide Seiten meinen, Recht zu haben. Das gehört dazu, und es ist auch nicht so schlimm, dass es dazugehört“.

Was ihn mehr beschäftigte, war die Überlegenheit, die sich sein Team in Überzahl erspielte, aber ungenutzt ließ. Auch eine Serie von Ecken blieb ohne den erhofften Erfolg. „Wenn wir irgendwann mal aus einer Standardsituation ein Tor machen, würden wir uns sehr freuen.“

 

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