Immer auf gutem Niveau
Mainz. Die 05-Kalenderblätter* waren ein fester Bestandteil der „nullfünf-Mixed-Zone“, die von August 2014 bis Oktober 2017 über den Mainzer Bundesligisten berichtete. Sie griffen Jubiläen, Besonderheiten und Ergebnisse an den jeweiligen Tagen auf. Heute geht es unter anderem um einen Dänen, der Neven Subotic zum Stammspieler werden ließ, um den beliebtesten Kolumbianer in Mainz und um die Spätfolgen eines Kantersiegs gegen den heutigen englischen Meister.
4. August
Bo Svensson wird heute 41 Jahre alt. Der Däne kam nach dem Bundesligaabstieg 2007 von Borussia Mönchengladbach nach Mainz, was zunächst die große Karriere von Neven Subotic auslöste: Svensson wurde wegen Sehnenproblemen monatelang nicht fit, und der junge Subotic machte seine Sache in der Innenverteidigung dermaßen gut, dass er mit 18 Jahren schon unumstrittener Stammspieler war. Wegen einer weiteren Verletzung spielte Svensson in zwei Zweitligajahren lediglich 19-mal für die 05er.
In der Bundesliga konkurrierte der Däne jahrelang mit Niko Bungert um den Platz neben Nikolce Noveski. Beide wurden hin und wieder von kleineren oder großen Verletzungen zurückgeworfen, beide waren immer wieder aber auch Stammspieler, Bungert saß häufiger auf der Bank als Svensson. Dieser beendete seine Karriere im Sommer 2014 nach 90 Spielen in fünf Mainzer Bundesligajahren, anfangs häufig im defensiven Mittelfeld, nur 2012/13 langfristig in der Innenverteidigung gesetzt. Aber (von gelegentlichen Missverständnissen mit Christian Wetklo abgesehen) immer auf gutem Bundesliganiveau. Sein einziges Tor in dieser Zeit erzielte er im Februar 2010: Es war der Siegtreffer zum 1:0 gegen seinen Ex-Klub.
Nach seiner aktiven Zeit war der auf dem Platz oft etwas impulsive, Schiedsrichtern gegenüber nach umstrittenen Entscheidungen hin und wieder etwas unhöfliche Svensson zunächst Trainerassistent bei den 05-Profis. Die Saison 2015/16 begann er als U-16-Trainer, im Winter wurde er zur U17 befördert. 2017 übernahm er die U19. Zwei Jahre später wechselte er als Cheftrainer zum österreichischen Zweitligisten FC Liefering – der als Farmteam von RB Salzburg schon das Sprungbrett für manche große Karriere darstellte.
Genau ein Jahr jünger ist Elkin Soto. Der Kolumbianer kam schon ein halbes Jahr vor Svensson nach Mainz, spielte aber zunächst nicht allzu oft, weil es Ärger mit seinem Ex-Verein gab. Once Caldas warf dem damals noch offensiven Mittelfeldspieler Vertragsbruch vor, Soto wurde lange gesperrt, was allerdings mit einer noch längeren Verletzungspause zusammenfiel. Bei seinem Debüt gegen Energie Cottbus zeigte Soto nicht nur mit zwei Torvorlagen, welche Qualität er in die Mannschaft brachte, aber es dauerte fast eineinhalb Jahre, ehe er Leistungsträger werden konnte.
Sotos Wiedergeburt ereignete sich am 2. Mai 2008. Nach einem überstandenen Kreuzbandriss kam der Kolumbianer über Kurzeinsätze nach und nach ins Team zurück. Gegen den FCK wurde er erstmals schon zur Halbzeit eingewechselt. 1:1 stand es in der letzten Minute, es gab einen letzten Freistoß. Soto schnappte sich den Ball und schnickte ihn zum Derbysieg in den Winkel – eines jener besonderen Tore, die sehr vielen Fans noch jahrelang im Kopf bleiben.
Auch im folgenden Jahr war Soto zwar meist nur Einwechselspieler, nach seiner Umschulung zum Sechser war der Kampftechniker ab 2009 jedoch einer der Lieblingsspieler des Publikums. Legendär wurden seine scharfen, aber präzisen und fairen Balleroberungen. Die klassische Soto-Körperhaltung: quer in der Luft liegend, mit einem Arm auf dem Rasen abgestützt, ein Fuß irgendwo im Nichts, Augen und der andere Fuß am Ball. Und irgendwo in der Nähe ein Gegenspieler, dem nicht ganz klar war, was gerade passierte.
Zusammenprall mit van der Vaart
Torbeteiligungen wurden immer seltener, aber im defensiven Mittelfeld war Soto jahrelang unverzichtbar. Erst 2013 ließ der inzwischen 33-Jährige etwas nach, 2014/15 avancierte er im Winter mit spektakulären Treffern gegen Bayern München, in Hannover und in Dortmund noch mal zu einer Art Kurzzeit-Torjäger.
Ein tragischer Zusammenprall mit Rafael van der Vaart schien im April 2015 Sotos Karriere zu beenden. Im Knie war alles kaputt, die geplante Rückkehr in die Heimat musste der Mittelfeldspieler verschieben. Stattdessen erhielt er einen weiteren Einjahresvertrag und durchlief eine lange Reha. Es war ein Rennen gegen die Zeit mit bis zuletzt wenig Hoffnung auf ein Comeback im 05-Trikot. Dazu kam es dann doch noch dank des günstigen Spielverlaufs (und des aufmerksamen Schiedsrichters Sascha Stegemann) am letzten Spieltag der Saison 2015/16: Das 0:0 gegen Hertha BSC wurde Sotos 160. Bundesligaspiel, ein Wenige-Sekunden-Einsatz als Mittelstürmer mit einem Sprint und keinem Ballkontakt.
Danach klappte es doch noch mit einem Vertrag bei Once Caldas und auch mit der Rückkehr in den ernsthaften Profifußball: Soto absolvierte in Kolumbien 2016 und 2017 noch 43 Spiele, beendete danach seine Karriere, wurde aber 2019 noch für drei weitere Spiele reaktiviert.
Seinen 29. Geburtstag feiert Christian Clemens. Der ehemalige Juniorennationalspieler (38 Länderspiele von der U16 bis zur U21) spielte als Leihspieler eineinhalb Jahre für die 05er, verletzte sich aber kurz nach der festen Verpflichtung, fehlte monatelang, wechselte im Winter 2016/17 zurück zum 1. FC Köln. Im 05-Trikot bestritt der gebürtige Kölner auf den offensiven Flügeln 44 Pflichtspiele, dabei schoss er sieben Tore.
24 Jahre alt wird Tim Müller. Der Sohn des langjährigen 05-Abwehrchefs Michael Müller kam als Elfjähriger von Fontana Finthen an den Bruchweg, wo er nach unter anderem 23 Bundesligaspielen für die U17 und 35 Partien mit der U19 in die U23 aufrückte. Nach 27 Drittligaspielen in zwei Jahren wechselte Müller 2017 zum Regionalligisten TSV Steinbach(-Haiger). Zwei Jahre war der defensive Mittelfeldspieler für die Westerwälder aktiv, die vorige Saison, in der er im Kader des TSV Schott Mainz stand, verpasste er wegen eines Kreuzbandrisses und des coronabedingten Abbruchs. Sein Debüt für den höchstklassigen Mainzer Amateurklub soll möglichst am 6. September erfolgen, dem ersten Saisonspiel des Regionalligaaufsteigers.
Die womöglich bis heute größte Testspiel-Überraschung der 05er jährt sich heute zum 14. Mal: Am 4. August 2006 schlugen die Mainzer am Bruchweg den FC Liverpool, der durchaus in einer sehr respektablen Aufstellung antrat, unter anderem mit Jamie Carragher, Sami Hyypiä, Djimi Traoré, Boudewijn Zenden, Steve Gerrard, Xabi Alonso und Peter Crouch in der Startelf, mit 5:0.
Die Torschützen – Markus Feulner, Tobias Damm, Ranisav Jovanovic, Chadli Amri und Fatmir Pupalovic – deuteten schon an, dass die 05er in den folgenden Monaten in der Bundesliga große Probleme in der Offensive haben würden. Tatsächlich stand am Saisonende der Abstieg. Zehn Jahre und drei Tage später spielte Liverpool übrigens wieder in Mainz, diesmal mit Trainer Jürgen Klopp in der Arena am Europakreisel, verlor diesmal nur 0:4, und die 05er entgingen knapp dem Abstieg.
Weniger gern erinnern sich die 05er an ein Spiel, das 2011 in Rumänien stattfand: Trotz gewaltiger Überlegenheit kamen sie nicht über ein 1:1 bei Gaz Metan Medias hinaus. Der Torwart der Rumänen muss das Spiel seines Lebens gemacht haben, lediglich Marcel Risse überwand ihn einmal. Im Elfmeterschießen schieden die 05er aus dem Europapokal aus. Eugen Polanski, Petar Sliskovic und Risse trafen, Medias glich dreimal aus, den vierten Elfmeter verschossen beide Teams (für 05 scheiterte Sami Allagui am Keeper), auch Elkin Sotos Schuss wurde gehalten, danach trafen die Rumänen.
*Mit freundlicher Genehmigung von Jörg Schneider (nullfünf-Mixed-Zone).
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