K.o.-Schlag an die Halsschlagader
Mainz. Die 05-Kalenderblätter* waren ein fester Bestandteil der „nullfünf-Mixed-Zone“, die von August 2014 bis Oktober 2017 über den Mainzer Bundesligisten berichtete. Sie griffen Jubiläen, Besonderheiten und Ergebnisse an den jeweiligen Tagen auf. Heute geht es unter anderem um einen großen Sommer, eine Eskalation gegen Eintracht Trier, ein Noveski-Tor für den FC Bayern und den Auftakt einer Serie.
22. August
Heute vor 84 Jahren kam einer der ganz großen 05er der alten Oberligazeit zur Welt: Werner Sommer, der von 1953 bis 1961 in 187 Ligaspielen für die Mainzer 32 Tore schoss. Sommer kam 1953 als Mittelstürmer aus der Jugendmannschaft ins Oberligateam, am Tag vor dem zweiten Saisonspiel wurde er erst 18 Jahre alt. Jene Partie gegen Phönix Ludwigshafen verpasste Sommer daher, grundsätzlich aber war er sofort Stammspieler.
Bereits in seiner zweiten Partie, dem 3:0 in Frankenthal, erzielte er sein erstes Oberligator zum 2:0 – das Eigentor zum 1:0 hatte er erzwungen. Karl-Heinz Wettig, sein Vorgänger als Mittelstürmer, wechselte derweil zurück auf den Flügel und traf zum Endstand. Sommer traf in seiner ersten Saison 13-mal, auch beim berühmten 5:2 gegen den FCK im November 1953.
Im Abstiegskampf seines zweiten Jahres bei den Großen verlor Sommer seinen Stammplatz. 1955/56 kam er als offensiver Mittelfeldspieler zurück, ab 1957/58 war er schließlich unersetzlich im linken defensiven Mittelfeld. Dass er seine Stürmerqualitäten nicht verlernt hatte, bewies er, als er im Winter 1958/59 noch einmal ganz vorne aushelfen musste – in sieben Spielen traf Sommer fünfmal. 1961 schließlich kündigte er seinen Vertrag und wechselte in den Amateurfußball zu Mombach 03. Nur vier Mann hatten bis dahin häufiger für die 05er in der Oberliga gespielt als Sommer.
An seinem 19. Geburtstag war Werner Sommer bei einem berüchtigten Spiel dabei: Nur 500 Zuschauer – durchschnittlich besuchten damals knapp 4500 Fußballfreunde die Mainzer Heimspiele – sahen am 22. August 1954 eine hässliche Partie gegen Eintracht Trier. Tiefpunkt: Ein Zusammenprall zwischen dem Mainzer Rechtsaußen Franz Mattes und dem Trierer Mittelläufer Walter Brech in der 75. Minute, nach dem Brech den Mainzer kurzerhand mit einem Hieb an die Halsschlagader K.o. schlug. Brech flog vom Platz, Mattes konnte nach mehrminütiger Bewusstlosigkeit weiterspielen. Die 05er gewannen 1:0 durch ein Tor des Neuzugangs Willy Dinges, der in seinen ersten fünf Spielen viermal traf, danach nie wieder.
Vor 71 Jahren wurde Hans-Joachim „Jockel“ Jakobi geboren. Der Sohn des ehemaligen Mainzer Oberliga-Stoppers Willi Jakobi (120 Oberligaspiele von 1957 bis 1963) kam 1970 als 20-Jähriger vom SV Kriftel nach Mainz. Mal als Mittelstürmer, mal als Linksaußen war Jakobi im ersten Jahr ein klarer Stammspieler. Die Neuzugänge Gerd Klier und Herbert Renner verdrängten ihn 1971 immer häufiger auf die Ersatzbank; als 1972 auch noch Manfred Kipp kam und die Mainzer ihren 54-Tore-Sturm zusammen hatten, spielte Jakobi kaum noch. Nach 47 Regionalligaspielen und 13 Toren (25/10 in der ersten Saison) wechselte der Angreifer 1973 zum VfR Bürstadt.
Elf Jahre liegt ein Spiel gegen Bayern München zurück. An jenem 22. August 2009 brachte ein Neuzugang die 05er nach 25 Minuten in Führung: Andreas Ivanschitz, in den ersten Wochen der Saison 2009/10 der gefährlichste Offensivspieler der Bundesliga. Die Gastgeber vergaben weitere Chancen gegen die fahrigen Bayern, dann erhöhte Aristide Bancé auf 2:0. Nicht mal das in so vielen denkwürdigen Spielen obligatorische Eigentor von Nikolce Noveski kurz nach der Halbzeit gefährdete den Dreier: Ein präziser Pass von Miroslav Karhan von der Mittellinie an die Eckfahne, wo kein Mensch war, verschwendete in der Nachspielzeit die entscheidenden Sekunden. Es war der erste Pflichtspielsieg der 05er gegen die Bayern.
Ein Jahr später stiegen die 05er mit einem 2:0-Heimsieg gegen den VfB Stuttgart in die Saison ein. Ein Ergebnis, das aus zwei Gründen bemerkenswert war: Zum einen, weil Neuzugang Morten Rasmussen bei seinem Bundesligadebüt traf (das 1:0 erzielte Sami Allagui), sein zweiter und letzter Treffer gelang ihm eine Woche später. Zum anderen, weil dieser Sieg den Auftakt der längsten Erfolgsserie der Mainzer im Profifußball darstellte: Sieben Spiele hintereinander gewann die Mannschaft von Thomas Tuchel in jener Saison.
*Mit freundlicher Genehmigung von Jörg Schneider (nullfünf-Mixed-Zone).
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