Peter H. Eisenhuth | 24.07.2021

Guter Test, ärgerliches Ergebnis

AUS DEM TRAININGSLAGER (7): Beim 0:1 (0:0) gegen den FC Liverpool bestätigt der FSV Mainz 05 die Eindrücke aus den Trainingseinheiten in Tirol. Im Sturm stellt sich eine Art Kids-Club mutig gegen große Namen und Innenverteidiger.
Ben Bobzien (r.) ließ sich von Ibrahima Konaté nicht einschüchtern...
Ben Bobzien (r.) ließ sich von Ibrahima Konaté nicht einschüchtern... | Peter H. Eisenhuth
...musste aber auch damit leben, dass der Franzose ungebührliches Verhalten wie Balleroberungen im Mittelfeld bestrafte, indem er den jungen Stürmer samt Kugel abräumte.
...musste aber auch damit leben, dass der Franzose ungebührliches Verhalten wie Balleroberungen im Mittelfeld bestrafte, indem er den jungen Stürmer samt Kugel abräumte. | Peter H. Eisenhuth
Auch Paul Nebel (l., gegen LFC-Kapitän James Milner) zeigte auf dem Feld keinerlei Respekt.
Auch Paul Nebel (l., gegen LFC-Kapitän James Milner) zeigte auf dem Feld keinerlei Respekt. | Peter H. Eisenhuth
Timothé Rupil fehlte bei einem Freistoß in der Schlussphase nicht viel zum Ausgleich.
Timothé Rupil fehlte bei einem Freistoß in der Schlussphase nicht viel zum Ausgleich. | Peter H. Eisenhuth
In der ersten Halbzeit liefen viele Angriffe über Daniel Brosinski auf der rechten Seite…
In der ersten Halbzeit liefen viele Angriffe über Daniel Brosinski auf der rechten Seite… | Peter H. Eisenhuth
…nach der Pause war die linke Außenbahn mit Anderson Lucoqui stärker eingebunden.
…nach der Pause war die linke Außenbahn mit Anderson Lucoqui stärker eingebunden. | Peter H. Eisenhuth
Hatten sich zwar unlängst erst vier Wochen lang auf Mallorca gesehen, lagen sich aber schon wieder in den Armen: Jürgen Klopp und Christian Heidel.
Hatten sich zwar unlängst erst vier Wochen lang auf Mallorca gesehen, lagen sich aber schon wieder in den Armen: Jürgen Klopp und Christian Heidel. | Peter H. Eisenhuth
Das Mainzer Erfolgsduo des FC Liverpool: Jürgen Klopp und Kotrainer Peter Krawietz junior.
Das Mainzer Erfolgsduo des FC Liverpool: Jürgen Klopp und Kotrainer Peter Krawietz junior. | Peter H. Eisenhuth

Grödig. Jürgen Klopp strahlte, wie nur er strahlen kann. Vor dem Spiel, als er diverse Freunde und Bekannte aus seiner langen Zeit am Bruchweg begrüßte. Und nach dem Spiel, als ihm jemand dazu gratulierte, dass er der erste Trainer sei, unter dessen Führung der FC Liverpool den FSV Mainz 05 geschlagen hat – was im Umkehrschluss bedeutete, dass Bo Svensson als erster 05-Coach den Engländern unterlegen war.

„Ich stehe kurz vor dem Rücktritt“, scherzte der Däne nach dem 0:1 (0:0) im Testspiel in Grödig, verhehlte aber nicht, dass ihn das Ergebnis tatsächlich ärgerte. Zum einen, weil die Leistung seiner Mannschaft ein besseres Resultat verdient gehabt hätte. Zum anderen, weil dem Eigentor in der 87. Minute – von Innenverteidiger Luca Kilians rechtem Oberschenkel war eine Hereingabe beim Klärungsversuch ins Netz geprallt – ein Foul vorausgegangen sei.

Ein Engländer habe dem als Rechtsverteidiger aufgebotenen Jonathan Meier in die Hacken getreten, berichtete Svensson, der einen guten Blick auf die Szene hatte. „Aber der Linienrichter, der auf unserer Seite stand, hat alles für die Reds laufen lassen. Man muss sich aber auch nicht wundern, dass sie so pfeifen, wenn sie in der Halbzeit nach Liverpool-Trikots fragen.“

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Kein ungetrübtes Verhältnis

Obendrein scheint das Verhältnis des Mainzer Trainers zu den eingesetzten Unparteiischen nach diversen Begegnungen innerhalb der österreichischen Zweiten Liga – in Grödig trägt Svenssons Ex-Klub FC Liefering seine Heimspiele aus – nicht ungetrübt. „Eigentlich haben wir wegen mir verloren…“

Lässt man diesen Aspekt und das blanke Ergebnis außen vor, bleibt eine beachtliche Leistung festzuhalten. Schon in der ersten Halbzeit, als Jürgen Klopp die geballte Weltklasse aufs Feld geschickt hatte, derweil Svensson seine potenziellen Startelfspieler auf beide Durchgänge verteilte und neben den erst zum Trainingslager eingestiegenen EM-Teilnehmern Karim Onisiwo, Ádám Szalai, Silvan Widmer und Edimilson Fernandes auch auf den dritten Mann des Sturmtrios, Jonathan Burkardt verzichtete. „Jonny hat leichte Probleme mit dem Hüftbeuger, da wollten wir kein Risiko eingehen.“

Der Mainzer Angriff in der 3-5-2-Formation hatte daher etwas vom Kids-Club: Vor der Pause stürmten Paul Nebel (19) und Ben Bobzien (18), nach dem Seitenwechsel Timothé Rupil (18) und Dominik Wanner (mit 22 Jahren der Alte Herr in diesem Quartett). „Angesichts der heutigen Konstellation und der Belastung der vergangenen Tage kann ich sehr zufrieden sein“, resümierte Svensson.

Nur drei Chancen zugelassen

Während der 90 Minuten bestätigten sich im Prinzip die in den bisherigen Trainingseinheiten gewonnenen Eindrücke. Das Defensivverhalten war über die komplette Spielzeit gut, am und im eigenen Strafraum standen die 05er sehr sicher, auch Klopp bescheinigte ihnen eine sehr gute Organisation, mit der seine Leute sich schwergetan hätten. Und bei Ballverlusten im Mittelfeld gingen die Mainzer sofort zum Gegenpressing über.

Drei Torchancen gestattete der Bundesligist dem Champions-League-Gewinner der vorvergangenen Saison in der ersten Halbzeit – „und nach der Pause keine“, wie Svensson betonte. In der sechsten Minute verhinderte Merveille Papela im letzten Moment, dass Alex Oxlade-Chamberlain nach einer Ecke am langen Pfosten aus kurzer Distanz zum Abschluss kam. Eher zufällig gefährlich wurde ein Angriff über Mo Salah, weil Moussa Niakhaté den Ball bereits kontrollierte, dann aber ins Stolpern geriet und Sadio Mané anschoss; Torwart Robin Zentner war aufmerksam und rechtzeitig in der liken unteren Ecke (32.). Und einen Schrägschuss Oxlade-Chamberlains wehrte der Keeper mit einer Glanzparade ab (40.).

Konaté räumt Bobzien ab

Mehr Probleme bereitete den Mainzer das offensive Umschalten. „Wir hatten die Räume“, sagte Bo Svensson. Doch in einigen Situationen mangelte es an der Präzision im Abspiel, „und unsere Jungs, die vorne gespielt haben, sind halt noch sehr jung, ihnen fehlte das letzte Durchsetzungsvermögen. Trotzdem habe ich viele gute Sachen gesehen“.

„Es war ein unglaubliches Gefühl gegen solche Spieler zu spielen“, sagte Paul Nebel. Den Respekt, der aus diesen Worten sprach, hatten er und sein Nebenmann sich allerdings nicht anmerken lassen. Mutig und forsch gingen sie zu Werke, weder von großen Namen noch von großen Innenverteidigern ließen sie sich Furcht einflößen; gerade Bobzien ging immer wieder in den Infight mit Joel Matip und Ibrahima Konaté.

„Ich habe Ben gesagt, er solle alles raushauen“, erzählte Svensson hinterher, „das hat er gemacht. Das ist natürlich ein Megaunterschied zu den Gegenspielern, auf die er in der U19 trifft. Sich gegen Leute durchzusetzen, die 40 Kilo mehr wiegen, ist schwer, aber er hat das Verständnis für das Spiel.“ Und dem A-Jugendlichen gelang es zumindest, Konaté zu reizen: Nachdem er den Ex-Leipziger im Mittelkreis attackiert, ihm den Ball vom Fuß genommen und zum Konter angesetzt hatte, setzte der Franzose mit langen Schritten nach und räumte Bobzien samt Ball ab.

Gelegenheiten zu Führung und Ausgleich

Die zweite Hälfte bot ein leicht verändertes Bild. Die Mainzer Spielanteile wurden größer, gegen die weniger prominent und jünger  besetzte zweite Formation des FC Liverpool standen sie defensiv noch sicherer und verbuchten jetzt auch genügend Gelegenheiten, um in Führung zu gehen. Meist nach Ecken: Kilian verfehlte per Kopf den oberen linken Winkel nur knapp, Wanner schoss eine Volleyabnahme in die Arme von Torwart Adrian, die zweite hätte unter die Latte gepasst, aber der Schlussmann bekam die Finger noch an den Ball.

Und nach dem unglücklich zustande gekommenen Gegentreffer kamen die Mainzer noch zweimal dem Ausgleich nahe: Durch einen Rupil-Freistoß aus 18 Metern, dem nur Zentimeter fehlten, und nach einem Angriff über die linke Seite über den agilen Anderson Lucoqui (vor der Pause war die rechte Außenbahn mit Daniel Brosinski stärker eingebunden) und Rupil, nach dessen Hereingabe Torhüter Adrian einen Tick vor Wanner an den Ball kam.

Ihr zweites Testspiel bestreiten die Mainzer am Dienstag, 18 Uhr, in St. Johann gegen den türkischen Erstligisten Gaziantep FK.

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