Bundesliga | Peter H. Eisenhuth | 02.08.2024

„Ich bin doch noch da“

NEUES AUS HOPFGARTEN (4) | Weder Abschied noch Kurzschluss: Martin Schmidt erläutert seinen aus familiären Gründen erfolgten Rückzug vom Amt des Sportdirektors beim FSV Mainz 05.
Wird künftig nicht mehr so oft vor den Medien reden: Martin Schmidt.
Wird künftig nicht mehr so oft vor den Medien reden: Martin Schmidt. | Peter H. Eisenhuth

Aus dem Trainingslager des FSV Mainz 05

berichtet Peter H. Eisenhuth.

 

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Hopfgarten. Eines ist schon jetzt völlig klar: Nach Bundesligaspielen des FSV Mainz 05 wird Martin Schmidt nicht mehr der erste Gesprächspartner am „Sky“-Mikrofon sein. Seinen Job als Sportlicher Direktor des FSV Mainz 05 hat er aufgegeben, sich damit aus dem Tagesgeschäft zurückgezogen, Niko Bungert und Meikel Schönweitz übernehmen. Allerdings verhehlt der 57-Jährige seine Verwunderung über die Berichterstattung zu diesem Schritt nicht.

„Das hat sich ja teilweise wie ein Nachruf gelesen“, sagt Schmidt während des Trainingslagers im österreichischen Hopfgarten und lacht. „Dabei bin ich doch noch da.“ Weder habe er sich vom Klub verabschiedet noch sei habe es sich um eine Kurzschlussreaktion gehandelt. Vielmehr habe er seine Entscheidung nach reiflicher Überlegung und Gesprächen mit Christian Heidel getroffen. Dass der Sportvorstand Verständnis für seine Situation aufbrachte und sie gemeinsam an der Lösung arbeiteten, „ist typisch Mainz 05“.

Familiäre Gründe haben Schmidt bewogen, sich aus der ersten Reihe zurückzuziehen. Er wolle häufiger in der Heimat sein, seit sein Vater einen Herzinfarkt erlitten habe. „Ich will stärker für ihn und die Familie da sein“, sagt er. In den vergangenen sieben Wochen sei er alle drei bis vier Tage zwischen Rheinhessen und dem Wallis gependelt, „und es hat sich herauskristallisiert, dass das schwer damit vereinbar ist, wenn ich im Verein auf der operativen Ebene so nah dran bin“.

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Vorzeitig die Tür geöffnet

Deshalb trete er in den Hintergrund, ohne sich zu verabschieden und fungiere fortan als Sportlicher Berater. „Ich bin immer noch beim Verein beschäftigt, ich habe ein Büro, ich werde regelmäßig in Mainz sein und sicher bei allen Heimspielen.“ Gleichzeitig schaffe das neue Konstrukt ihm Freiräume, etwas andere Prioritäten zu setzen.

Was die personellen Veränderungen innerhals des Klubs angeht, habe er letztlich nur vorzeitig die Tür für etwas geöffnet, das früher oder später ohnehin hätte kommen sollen. „Es war klar, dass Niko und Meikel irgendwann stärker involviert werden sollten“, sagt er. Einen konkreten Zeitplan gab es nicht, entsprechende Ideen, sie in entsprechende Verantwortung zu nehmen, sehr wohl. So, wie es in den unterschiedlichsten Abteilungen des Vereins sehr oft der Fall sei, dass Mitarbeiter nach und nach aufrückten.

„Mit diesem organischen Wachstum von innen heraus haben wir sehr gute Erfahrungen gemacht“, betont der Schweizer, der selbst im Sommer 2010 als U-23-Trainer am Bruchweg begann, im Februar 2015 zum Cheftrainer befördert wurde, nach seinem Abschied im Frühjahr 2017 zunächst in Wolfsburg und Augsburg arbeitete, bevor er Ende Dezember 2020 mit Christian Heidel als Sportdirektor zurückkehrte, um den Klub aus schwersten Turbulenzen in ruhige Gewässer zu geleiten. „Du musst Mainz 05 gut kennen, um es führen zu können, weil der Verein etwas anders funktioniert“, sagt er.

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„Niko kennt den Verein in- und auswendig“

Die Amtsübergabe werde sich unproblematisch gestalten, erwartet der Schweizer. Meikel Schönweitz, der fortan als Technischer Direktor fungiert, sei in seiner bisherigen Aufgabe als Direktor Fußballentwicklung im Nachwuchsleistungszentrum ohnehin schon in viele Themen, darunter die Kaderplanung involviert gewesen und kenne sich in den Strukturen von DFB und DFL aus. „Und Niko kann die operativen Themen des Tagesgeschäfts nahtlos übernehmen, er war Spieler und zweimal Kotrainer, er kennt die Liga, den Kader, die Kabine. Da muss ich ihm nicht sagen, wie er sich verhalten soll.“

Andere Dinge, „Langzeitthemen“ wie die Planung der neuen Geschäftsstelle, strategische Fragen oder die Reha-Gmbh, in der bislang Schmidt einer von drei Geschäftsführern neben Christopher Blümlein und Volker Kersting ist, bedürften selbstverständlich einer Einarbeitungszeit. „Diesen Prozess des Übergangs werde ich intern begleiten.“

Bungert werde nicht lange brauchen, um in allen Belangen fit zu sein. Immerhin habe er nach seiner aktiven Karriere ein Traineeprogramm durchlaufen, das ihn jeweils drei Monate durch alle Abteilungen des Klubs führte. „Er kennt den gesamten Verein in- und auswendig“, sagt Schmidt. Zudem habe der ehemalige Profi an der DFB-Akademie den Lehrgang „Management im Profifußball“ absolviert – „eine ganz intensive anderthalbjährige Ausbildung, nicht zu vergleichen mit dem Sportmanagementstudium, das viele Profis machen“.

Wie von Völler zu Rolfes

„Daher bringt Niko alle Voraussetzungen mit, die er als Sportdirektor braucht“, betont Martin Schmidt, der den Wechsel zu Bungert mit dem von Rudi Völler zu Simon Rolfes bei Bayer Leverkusen vergleicht. Und was das Transferwesen betreffe: „Wenn du mal bei vier, fünf Leihgeschäften dabei warst, lernst du so viel…“

Fußballspiele eloquent analysieren konnte Niko Bungert zudem schon, als er noch als Innenverteidiger auf Feld stand – insofern müssen die Medien nicht fürchten, künftig ohne adäquaten Gesprächspartner dazustehen.

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