Dreimal umkringeltes „Si“
Bad Häring. Mo Salah wird bis vorigen Freitag nicht gewusst haben, wer Moussa Niakhaté ist. Und vermutlich legt der Stürmer des FC Liverpool keinen gesteigerten Wert darauf, dem Innenverteidiger des FSV Mainz 05 noch einmal zu begegnen. Im Testspiel der beiden Mannschaften während ihrer Trainingslager in Tirol nämlich sah Salah sich permanent einem ihn attackierenden Gegenspieler ausgesetzt, der bei seinen Aktionen häufig wirkt, als wolle er sich seiner Arme entledigen – was beim Stürmerstar der Reds den Eindruck erweckt haben dürfte, es mit einem Kraken zu tun zu haben. Zurecht kam er damit nicht.
In dieser Begegnung ging es um nichts, doch es waren solche Auftritte, die Niakhaté in der Rückrunde der vorigen Saison zu einem der Mainzer Stützpfeiler, einem der Garanten für defensive Stabilität machten. Und die gewiss auch das Interesse anderer, größerer und finanzkräftigerer Klubs an ihm geweckt haben. Ob dem so ist, ob er oder sein Berater im Kontakt mit anderen Vereinen stehen? „Dazu gibt es im Moment nichts zu sagen“, bescheidet Niakhaté die kleine abendliche Presserunde auf der Terrasse des Mannschaftshotels in Bad Häring.
Als wolle er für immer bleiben...
Mit Sportvorstand Christian Heidel und Sportdirektor Martin Schmidt habe er Gespräche über seine persönliche Situation geführt, erzählt der 25-Jährige. „Sie wissen Bescheid, aber die genauen Inhalte möchte ich hier nicht darlegen.“ Das lässt Spielraum für Interpretationen, den die Bild-„Zeitung“ sogleich mit der Zeile „Mainz 05-Star bald weg? Niakhaté lässt seine Zukunft komplett offen!“ (Zeichensetzung wie im Original) gefüllt hat.
Und was ist dann mit Bo Svenssons Aussage, der Franzose trete im Team auf, als wolle er für immer bleiben? „Das ist normal“, sagt Niakhaté, „das ist professionell. Ich bin zu 100 Prozent hier, es ist eine Ehre, für Mainz zu spielen.“ Daher sei es selbstverständlich, immer alles zu geben.
Was ihn reizen würde, wenn es denn Interessenten gäbe? „Wenn, und wirklich wenn“, übersetzt Patrick Zeilmann, als Niakhaté nach dem Stift des Dolmetschers greift und das Wort „Si“ dreimal umkringelt, „also wenn das der Fall wäre, denke ich nicht an Wettbewerbe oder Ligen oder Länder, sondern an das Projekt.“ Es sei der Fußball, der ihn überzeugen müsse, sagt der Spieler.
Keiner, der schlechte Stimmung verbreitet
Er weist auch darauf hin, dass Vereinswechsel im Fußball nichts Merkwürdiges sind. Jeder Fußballer verfolge seine Karriere, deshalb sei es kein Problem, wenn einer den Klub verlasse. „Wenn einer geht, dann aus dem Grund, weil er das für die beste Entscheidung hält.“ Das, bestätigte er auf die nicht ganz ernstgemeinte Nachfrage, gelte auch für seine Mitspieler. „Aber es sind nicht wir, die das entscheiden, sondern Christian Heidel und Martin Schmidt.“
Vor drei Jahren aus Metz nach Mainz gekommen, wäre zumindest nach der früheren 05-Denkweise, Entwicklungsspieler für ordentliches Geld zu holen und deutlich teurer weiterzuverkaufen, ein Abschied aus Mainz angesagt. Anders als sein ebenfalls zur Saison 2018/19 verpflichteter und im Januar an Crystal Palace verliehener Landsmann Jean-Philippe Mateta erweckt Niakhaté jedoch nicht den Eindruck, auf einen Wechsel drängen zu wollen – und schon gar nicht den, bei Nichterfüllung seines Wunschs schlechte Stimmung zu verbreiten und halbfertige Arbeit abzuliefern.
Das Mainzer Trainingslager endet inhaltlich mit dem Testspiel gegen Gaziantep FK am Dienstagabend, auch wenn der 05-Tross danach ins Hotel zurückkehrt und erst am Mittwoch die Heimreise antritt. Nach dann acht Tagen in Bad Häring und Schwoich. Nach anstrengenden, aber keineswegs langweiligen Tagen, versichert Niakhaté, von jeglichem Anflug eines Lagerkollers weit entfernt zu sein. „Das ist natürlich eine lange Zeit, aber wir wissen, warum wir hier sind, und wir wissen uns zu beschäftigen. Wir spielen miteinander und auch mit den Fans, wir unterhalten uns und tauschen uns aus. Insofern ist alles gut.“
Angenehm und schlagfertig
Apropos unterhalten: Das könnte der potenzielle 05-Kapitän sich auch auf Deutsch. Die Fragen in der Presserunde versteht er, auch wenn sie manchmal etwas länger ausfallen, weitestgehend bevor Zeilmann sie auf Französisch wiederholt. „Ich könnte auch Deutsch sprechen“ – was er auf dem Platz tut –, aber im Interview würde es zu lange dauern, um nach Wörtern zu suchen und Sätze zu bauen. Und die Leute sollen nicht so viel Zeit durch mich verlieren.“
Nun, es gibt Schlimmeres, als sich mit Moussa Niakhaté zu unterhalten, gleich in welcher Sprache. Der 25-Jährige ist ein angenehmer, wacher Gesprächspartner. Und durchaus ein schlagfertiger. Bei einer Frage reißt er seine Augen weit auf und macht ein langes, vom Grinsen leicht schiefes Gesicht: „Warum waren die Franzosen bei der Europameisterschaft so schlecht?“ Die Vorlage, die damit verbunden ist, verwandelt er so sicher wie seine Torchancen in der vorigen Rückrunde: „Die waren genauso schlecht wie die Deutschen.“