Zwei Baustellen in der Defensive
Mainz. Von einem Testspiel sehen sie in dieser Woche am Bruchweg ganz bewusst ab. Üblicherweise gehören solche Begegnungen während einer länderspielbedingten Bundesligapause zwar zum Programm des FSV Mainz 05, vor allem um den Akteuren, die in der Liga selten oder gar nicht zum Zug gekommen sind, Spielpraxis zu vermitteln, und die Möglichkeit habe auch diesmal bestanden, sagt Jan-Moritz Lichte. „Aber unser Gefühl im Trainerteam war, dass wir lieber trainieren wollen, dass wir die Woche nutzen wollen, gezielt an unseren Themen zu arbeiten.“
Und das lässt sich in Trainingseinheiten nun mal besser regeln als während der Auseinandersetzung mit einer anderen Mannschaft. „Im Spiel kannst du reinrufen und hinterher auf Video zeigen, was nicht gut war, aber du kannst es nicht anhalten, um einem Spieler zu sagen, ,guck mal, was um Dich herum passiert ist‘“. Genügend Akteure stehen Lichte und seinem Stab zur Verfügung; inklusive der beiden U-23-Kicker Michael Akoto und Oliver Wähling stehen ihm 22 Feldspieler zur Verfügung, während acht Profis mit ihren Nationalmannschaften unterwegs sind.
Verbesserungsbedarf sieht Lichte vor allem in der Defensive. Bei den im Strafraum zugelassenen Torschüssen belege seine Mannschaft den 18. Platz – beim 1:3 in Augsburg tat sie einiges dafür, diese Position zu festigen. „Gegen Schalke war es besser“, betont der Trainer allerdings auch; beim 2:2 seien die gegnerischen Schüsse im Sechzehner „eher aus schwierigen Situationen“ zustande gekommen. Eine Ausnahme bildete die Riesenchance des von Goncalo Paciencia am Eck des Fünfmeterraums freigespielten Mark Uth, bei der die Mainzer Glück hatten, dass der Stürmer sich selbst anschoss.
Nicht nahe genug am Mann
Viel besser werden muss auch das Verhalten bei hohen Bällen: Kein Konkurrent habe mehr Gegentore nach Kopfbällen gefangen, weist Lichte auf eine zweite unschöne Statistik hin, und das liegt nicht in erster Linie daran, dass die 05-Verteidiger ihren Gegenspielern körperlich stets unterlegen sind. „Es passiert, weil wir in der Box nicht nahe genug am Mann stehen“, sagt der Coach. Das Umschalten vom raumorientieren zum mannorientierten Verteidigen, wenn der Gegner in den Strafraum vordringt, funktioniere noch nicht gut genug.
Stabiler werden müsse die Hintermannschaft zudem beim gegnerischen Tiefenspiel – Anschauungsunterricht dafür lieferte die Schalke-Partie, in der sich beispielsweise Luca Kilian mehrmals von Paciencia überlaufen ließ. „Wenn wir uns in diesen beiden Punkten steigern, haben wir eine große Chance, weniger Gegentore zu kassieren.“
Der Eindruck, die Schalker seien seiner Elf spielerisch überlegen gewesen, störte Jan-Moritz Lichte nicht. Ballbesitz habe der Gegner zu großen Teilen in der hinteren Linie gehabt, „und damit können wir momentan gut leben. Ein Problem hätte ich mit deren Ballbesitz nur gehabt, wenn dadurch ein Angriff nach dem anderen zustande gekommen wäre“.
Großchancen nach schnellem Umschalten
Die eigene Spielidee hingegen ziele nicht darauf ab, die Kugel möglichst lange in der eigenen Hälfte in den eigenen Reihen zu halten, zwischen Innenverteidigern und Sechsern hin und her zu spielen. „Das macht uns nicht stärker“, sagt der Trainer. Genau dies sei ja das Problem in der ersten Halbzeit in Augsburg gewesen: nicht schnell genug in die Tiefe gekommen zu sein. „Unsere Torchancen bekommen wir vor allem, wenn wir nach Ballgewinnen im Gegenpressing schnell umschalten. Sie kommen selten nach zweiminütigen Ballbesitzphasen zustande.“
Eine positive Statistik hat Lichte an dieser Stelle auch zur Hand: Bei den eigenen Großchancen liegen die 05er an siebter Stelle der Liga – was freilich noch mit einer zu geringen Verwertung einhergeht. Auch dafür diente das jüngste Heimspiel als Anschauungsunterricht. Hätte Jean-Philippe Mateta unmittelbar vor der Pause das 3:1 erzielt oder im zweiten Durchgang seine von Jean-Paul Boëtius eingeleitete Umschaltchance genutzt (was auch für Jonathan Burkardt galt), die Mainzer wären ganz sicher mit dem ersten Dreier vom Platz gegangen. Und über spielerisch überlegene Schalker hätte dann auch niemand mehr geredet.
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