Oberwerthvoller Sieg
Mainz. Die 05-Kalenderblätter* waren ein fester Bestandteil der „nullfünf-Mixed-Zone“, die von August 2014 bis Oktober 2017 über den Mainzer Bundesligisten berichtete. Sie griffen Jubiläen, Besonderheiten und Ergebnisse an den jeweiligen Tagen auf. Heute geht es unter anderem um zwei erfolgreich bestrittene Nichtabstiegskämpfe und ein verloren geglaubtes Aufstiegsrennen.
17. April
Am Freitag hat Jacques Goumai Geburtstag. Der ehemalige Nationalspieler Togos wird 48 Jahre alt. Goumai kam im Januar 1998 vom FC St. Pauli zu den 05ern, schoss beim Debüt gegen die SpVgg Unterhaching prompt ein Tor (objektiv wohl irregulär wegen eines Stürmerfouls), war aber wie viele Neuzugänge in jenen Jahren nicht die erhoffte Verstärkung: In zehn weiteren Zweitligaspielen traf der Stürmer nie wieder. 1999 wechselte Goumai zum SV Wehen, setzte sich aber auch in der Regionalliga nicht durch.
17 Jahre vor Goumais Geburt bestanden die 05er den bis dahin dramatischsten Abstiegskampf ihrer Historie. Am vorletzten Spieltag ihrer Jubiläumssaison, am 17. April 1955, hatten sie beim Spitzenklub TuS Neuendorf eigentlich gar keine Ambitionen – in den Jahren zuvor gab es dort ein 3:8, ein 0:6, ein 2:8 –, sondern bereiteten sich auf eine erneute Niederlage und ein Endspiel um den Klassenverbleib gegen Wormatia Worms vor. Tatsächlich aber gewannen sie auf dem Koblenzer Oberwerth nach 0:2-Rückstand mit 3:2 und waren vorzeitig gerettet.
Einer der Helden dieses Spiels, Karl-Heinz Wettig, der Torschütze zum 2:2, verstarb vor fünf Jahren, am 60. Jahrestag des Wunders von Neuendorf, 14 Tage nach seinem 88. Geburtstag. Wettig war in den 1950ern der große Torjäger der 05er, ein Schlitzohr und Spaßvogel, der in 432 Spielen 249 Tore geschossen haben soll.
Vor einem Jahr starb Klaus Hammans im Alter von 75 Jahren. Der Verteidiger stammt aus dem eigenen Nachwuchs, war ab 1963 immer mal in Testspielen der Ersten Mannschaft dabei, gab sein Regionalligadebüt aber erst im Oktober 1966. Drei Einsätze wurden es in der ersten Saison, eins in der zweiten, zwölf in der vierten. Nur in der Rückrunde 1968/69 war er mit elf Einsätzen so etwas wie ein Stammspieler.
18. April
Heute jährt sich ein Schlüsselmoment für Mainz 05 zum 16. Mal. Bereits am 17. April hatte die „Tour de Frank‘“ begonnen, die binnen zwei Tagen die drei höchsten Mannschaften der 05er in drei Auswärtsniederlagen auf engstem fränkischen Raum führte: Vor den Toren Fürths verlor die U23 das Regionalligaspiel beim 1. SC Feucht mit 1:2; Torschützen der Gastgeber waren Roberto Hilbert und der spätere Kurzzeitspieler der Mainzer U23 und Kotrainer von Martin Schmidt, Peter Perchtold. Tags darauf unterlag vormittags die U19 der SpVgg Greuther Fürth 0:4, nachmittags folgte dann die klischeebeladenste Niederlage der Profis bei ihrem Angstgegner.
Bei diesem 1:3 in Fürth war alles dabei, was ein richtiges Fiasko ausmacht: ein Eigentor (Tamás Bódog, 34. Minute). Ein verschossener Elfmeter (Toni da Silva, 42.). Sofort danach ein Kontertor des unbeliebtesten Gegenspielers (Sascha Rösler, 43.). Ein Platzverweis (wieder Bódog, 70.). Aus dem Gästeblock war in der zweiten Halbzeit gar nichts mehr zu hören; die frustrierten Mainzer Fans saßen in der Sonne und ignorierten das Spiel, ein für lange Zeit einmaliger Protest. Nach der Niederlage am Ronhof hakten die 05er den Aufstieg endgültig ab. Gut einen Monat später qualifizierten sie sich doch noch für die Bundesliga.
Zwölf Jahre zuvor, am 18. April 1992, hatten die Mainzer mal wieder tief im Abstiegskampf gesteckt. Beim VfB Leipzig durften sie sich keinen Ausrutscher mehr erlauben. Der 05-Vorstand stellte in einer Leipziger Kirche Kerzen auf, in der Hoffnung, damit den Spielern beistehen zu können. Ob’s daran lag, sei dahingestellt, doch vor 3000 Zuschauern in der Ruine des Zentralstadions, das einst 100.000 Personen Platz geboten hatte, traf Fabrizio Hayer in der letzten Aktion der Partie per Freistoß zum 1:0-Auswärtssieg. Gerettet waren die 05er damit noch lange nicht, aber es sah wieder gut aus.
*Mit freundlicher Genehmigung von Jörg Schneider (nullfünf-Mixed-Zone).
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