Schon wieder so eine Halbfeldflanke
Heidenheim. Ein Gutes hat der Punkt, den der FSV Mainz 05 am Sonntagabend vom 1.FC Heidenheim: Bei jetzt fünf Zählern Vorsprung auf den 1.FC Köln und einem um 13 Treffer besseren Torverhältnis wird Bo Henriksens Mannschaft kaum noch vom Relegations- auf einen direkten Abstiegsplatz zu verdrängen sein. Die Vorlage jedoch, die der VfL Bochum am Nachmittag mit seinem Sieg bei Union Berlin geliefert hatte, verwertete sie nicht – das 1:1 (1:0) war zu wenig, um an den Köpenickern vorbeizuziehen.
„Das ist ein Stück weit zu wenig und trotzdem insgesamt okay“, kommentierte Torschütze Jonathan Burkardt am „Dazn“-Mikrofon das dritte Unentschieden hintereinander. Torwart Robin Zentner schätzte das Ergebnis ebenfalls realistisch ein: „Im ersten Moment ist das ernüchternd, aber mehr hatten wir nicht verdient.“
Ernüchternd war insbesondere, dass die Mainzer wie schon eine Woche zuvor beim gleichen Resultat gegen den 1.FC Köln eine Führung aus der Hand gegeben und nach einer Flanke aus dem Halbfeld ein Kopfballtor kassierten. „Das ist sehr nervig“, sagte Zentner, den am Gegentreffer keine Schuld traf und der mehrere starke Paraden zeigte. „Es ist unglaublich schwer, diese Flanken“ – in diesem Fall die von Omar Traoré – „in der Box zu verteidigen. Das müssen wir außen tun.“
Burkardt technisch perfekt
Dort ließ Linksverteidiger Anthony Caci dem Heidenheimer Rechtsverteidiger zu viel Platz, in der Mitte allerdings machte Edimilson Fernandes keine glückliche Figur. Der Innenverteidiger bewegte sich zwar mit Tim Kleindienst in dieselbe Richtung, hinderte ihn aber nicht ernsthaft am Kopfball (65.). Auch Sportdirektor Martin Schmidt ärgerte sich über diese Szene, „aber Kleindienst ist kein Unbekannter und hat sein obligates Tor gemacht“. Zentner bescheinigte dem Stürmer: „Er macht das maximal überragend.“
Gleiches ließ sich über Jonathan Burkardts Abschluss in der 37. Minute sagen. Bis dahin hatten seiner umformierten Mannschaft vor allem Nadiem Amiris Ideen und Pässe sowie Brajan Grudas Dribblings gefehlt, für beinahe 60 Prozent Ballbesitz fand die Mannschaft nur wenig Verwendung. Dann nahm Burkardt einen Laufweg, der die Worte seines Trainers von Freitag unterstrich: „Wenn Jonny mit all seiner Cleverness in den Strafraum geht, wird es gefährlich.“ Zwei Tage später schoss der Angreifer eine perfekt getimte Caci-Flanke von links technisch hochwertig direkt mit dem rechten Innenrist ins Tor.
Zuvor stand nur ein gefährlicher Abschluss der 05er zu Buche, ein allerdings nicht richtig erwischter Kopfball von Lee am ersten Pfosten nach Flanke von Silvan Widmer (18.). Mehr und bessere Gelegenheiten kamen auf der anderen Seite zustande.
Auftrieb nach der Führung
Eren Dinkci hatte beim ersten Torschuss der Partie sehr viel Platz, Zentner war bei dem Versuch aus der Distanz auf dem Posten (10.). Zwei Minuten später liefen die Mainzer nach einer nicht ungefährlichen Flanke einen Konter, Fernandes verteidigte weit aufgerückt an der Seitenlinie gegen Jan-Niklas Beste zu lax, Marvin Pieringer lief mit guter Schussbahn aufs Tor zu, doch Sepp van den Berg versperrte den Weg, und Andreas Hanche-Olsen klärte.
Die beste Heidenheimer Gelegenheit vereitelte Zentner nach einem langen Ball in den Strafraum, den Kleindienst artistisch annahm, aber nicht an dem vor ihm auftauchenden Keeper im Tor unterbrachte (29.).
Die etwas überraschende Führung verlieh den Mainzern Auftrieb, bis zum Halbzeitpfiff drückten sie, ohne noch mal zwingend zu werden. Nach dem Seitenwechsel hätte Ajorque nach Zuspiel von Burkardt erhöhen können, rutschte aber bei einer Drehung am Fünfmeterraum aus und schloss schwach ab.
Burkardt: „Ich hätte chippen können“
Danach begann die Partie langsam, aber sicher in Richtung des FCH zu kippen. Zentner, der auch alle hohen Bälle sicher abfing oder abwehrte, verkürzte gegen den konternden Dinkci den Winkel und parierte dessen Heber (55.). Fünf Minuten nach dem Ausgleich köpfte Patrick Mainka den Ball an den Pfosten, Beste prüfte Zentner mit einem harten Flachschuss aus der zweiten Reihe (74.), der eingewechselte Stefan Schimmer köpfte in der Nachspielzeit an die Latte.
Hingegen waren die Mainzer Offensivbemühungen von zu viel Stückwerk geprägt, als dass aus guten Ansätzen echte Chancen hätten werden können. D i e Ausnahme: Burkardt tauchte nach einem langen Ball alleine vor Kevin Müller auf, der Torwart tauchte ab und wischte dem Stürmer den Ball vom Fuß (76.). „Darüber ärgere ich mich, das war wirklich schlecht gemacht“, sagte der 05-Torjäger hinterher. Beim ersten Kontakt mit dem linken Fuß habe er den Ball zu weit springen lassen und als Müller ihm entgegenkam, die falsche Entscheidung getroffen: „Ich hätte chippen können.“
Seit sieben Spielen ungeschlagen
Seine Einzelaktion, ein Schuss aus 16 Metern, den Müller um den Pfosten lenkte, ein Abschluss von Tom Krauß aus zehn Metern nach Burkardt-Zuspiel, der zur Ecke abgewehrt wurde, und eine Flanke von Jessic Ngankam, die Nelson Weiper bei seinem Comeback nicht mehr mit der Stirn drücken konnte, waren die letzten Situationen, die einen Mainzer Sieg hätten ermöglichen können.
„Im Moment machen wir es uns nicht einfach“, resümierte Martin Schmidt. „Trotzdem sehen wir es positiv: Wir sind seit sieben Spielen ungeschlagen, das ist nicht selbstverständlich, wenn man da hinten steht. Und der Rückstand auf den 15. Platz ist kleiner geworden.“