Auch der Manager ist beschädigt
Mainz. Irgendwo zwischen Entsetzen und Tristesse war die Gefühlslage der Verantwortlichen des FSV Mainz 05 am Wochenende angesiedelt. Das Entsetzen hatte spätestens mit dem Spielerstreik am Mittwochnachmittag begonnen, die desolate Performance bei der 1:4-Niederlage gegen den VfB Stuttgart tat ihr Übriges – und der Zustand des im zwölften aufeinanderfolgenden Bundesligajahr befindlichen Vereins ist dazu angetan, eine tiefe Traurigkeit auszulösen.
Am Sonntag diskutierte die Klubführung stundenlang und noch ergebnislos über die Zukunft des Trainers, wobei schon am Vorabend klar schien, dass Achim Beierlorzer am Bruchweg keine Zukunft hat. Die Ereignisse der vergangenen Tage vom Rauswurf Ádám Szalais und der Reaktion der Kollegen über die Gehaltsverzichtdiskussion bis hin zum selbstverschuldeten Kommunikationsdesaster werden einer längeren Aufarbeitung bedürfen. Auch um Antworten auf Fragen zu geben, die bei der Mitgliederversammlung aufs Tapet kommen werden.
Dieser Kritik darf sich auch Rouven Schröder gewiss sein. Der Sportvorstand gab in der vorigen Woche ein, gelinde gesagt, unglückliches Bild ab. Die Pressekonferenz am Donnerstag, in der er das Chaos zu erklären versuchte, geriet zum Bumerang. Ein Großteil der Ausführungen des Managers ließ sich nicht nachvollziehen, am Ende warfen sie mehr Fragen auf als er Antworten gegeben hatte.
Größter Fehler im November 2019
Schröder erlebt gerade die bislang schwierigste Phase seines vor knapp viereinhalb Jahren begonnenen Engagements in Mainz. Dagegen waren die Querelen um den damaligen Präsidenten Harald Strutz, und dessen heillos überforderten Nachfolger an der Vereinsspitze, Johannes Kaluza, ein Kindergeburtstag. Selbst die Nichtabstiegskämpfe unter Martin Schmidt und Sandro Schwarz hatten im Vergleich zu dem, was sich derzeit bei 05 abspielt, vergnügliche Charakter.
Welchen Anteil der Manager an der aktuellen Entwicklung hat, welchen Anteil der gesamte Vorstand und der Aufsichtsrat, muss Bestandteil der angekündigten Aufarbeitung sein. Nicht ausgeschlossen, dass sich dabei herausstellt: Schröders größter Fehler datiert vom November vorigen Jahres. Als er dem Drängen anderer Entscheidungsträger des Klubs nachgab, womöglich auch beeindruckt vom Verhalten einiger Fans nach der 2:3-Niederlage gegen Union Berlin, und Sandro Schwarz die Rückendeckung entzog. Der zweite war die Verpflichtung Achim Beierlorzers als Nachfolger. Von ihm hatten sich die 05-Verantwortlichen im Prinzip die Fortsetzung der Schwarzschen Arbeit versprochen – nur mit mehr Punkten.
Rettende Intervention
Der an den letzten Spieltagen bewerkstelligte Klassenverbleib vertuschte, dass es zwischen Trainer und Mannschaft schon zu diesem Zeitpunkt längst nicht mehr stimmte. Auch Schröders Intervention war es zu verdanken, dass sich das Team am Ende zusammenriss, die nötigen Spiele gewann. Und nebenbei Beierlorzer den Job rettete, der fünf Spieltage vor Schluss auf der Kippe stand. Ob der Sportvorstand unter anderen wirtschaftlichen Umständen an Beierlorzer über die Saison hinaus festgehalten hätte, bleibt Spekulation.
Schröder selbst wird aus den Chaostagen nicht unbeschädigt herauskommen, um seinen Job fürchten muss er wohl nicht. Wegen seiner Gesamtbilanz am Bruchweg, nicht zuletzt der erwirtschafteten Transferüberschüsse in den vergangenen Jahren. Und weil sich ein Klub, der von seinen Spielern lieber einen weiteren Gehaltsverzicht wünscht, als über die in Aussicht gestellte Rückzahlung einbehaltener Gehälter zu reden, einen Wechsel auch auf dieser Position nicht leisten kann.