Mainz. Die 05-Kalenderblätter* waren ein fester Bestandteil der „nullfünf-Mixed-Zone“, die von August 2014 bis Oktober 2017 über den Mainzer Bundesligisten berichtete. Sie griffen Jubiläen, Besonderheiten und Ergebnisse an den jeweiligen Tagen auf. Heute geht es vor allem um einen Mainzer Hofsänger, der den Amateurfußball einer womöglich großen Karriere vorzog.

3. Juli

Heute wird Klaus Rieger 77 Jahre alt. Der defensive Mittelfeldspieler kam 1969 als Nachfolger des langjährigen 05ers Manfred Zimmer vom VfR Bürstadt an den Bruchweg. Drei Jahre lang war er dort Stammspieler. Zunächst gehörte ihm das linke Mittelfeld, nach dem Karriereende des legendären Linksverteidigers Heinz Wassermann spielte Rieger bereits 1970/71 häufig in der Abwehr, 1971/72 fast nur noch hinten links.

1972 verließ Rieger die Mainzer wieder, er war einer aus der Zwischenmannschaft, mit der die 05er ihren Generationswechsel der frühen 1970er überbrückten. In 82 Regionalligaspielen hatte er vier Tore geschossen, für Wormatia Worms absolvierte er weitere 47 Spiele (ein Tor). Mit der Wormatia qualifizierte er sich 1974 für die neue Zweite Bundesliga, wechselte zur folgenden Saison jedoch (wie Wassermann 1970) zum VfR Groß-Gerau.

Zur gleichen Zeit wie Rieger spielte auch Hennes Schneider für die 05er. Der Ginsheimer rückte 1969 von den Junioren ins Regionalligateam auf. Stammspieler wurde er, weil der damalige Trainer Erich Gehbauer im März 1970 den Libero demontierte: Der fast 32-jährige Carlo Storck, jahrelang Abwehrchef und damals Rekordspieler des Klubs, machte gegen den FV Speyer ein ungewohnt schwaches Spiel, Gehbauer wechselte ihn bereits nach 17 Minuten aus. Schneider, bis dahin viermal eingewechselt und schon einmal Storcks Vertreter, blieb in diesem Spiel noch auf der Bank. Der eingewechselte Jürgen Salowski schoss nach Gerhard Bopps Anschlusstor das 2:2, nach einem Platzverweis gegen Rieger aber verloren die Mainzer 2:3.

Storck jedenfalls spielte nie wieder als 05-Libero, nur noch gelegentlich im Mittelfeld. Vom folgenden Spiel an übernahm der 18-jährige Schneider die anspruchsvolle Position bis Saisonende. 1970 holten die 05er einen erfahrenen Mann, den 26-jährigen Walter Ziehmer vom Regionalliga-Absteiger SV Weisenau, der lange am Bruchweg blieb, erst als Spieler, später als Ko- und Jugendtrainer

Neues System unter Hoss

Weil aber die 05er in jener Saison große Defizite im Angriff hatten, mussten in der Hinrunde einige Mittelfeldspieler in der Spitze aushelfen. Ziehmer rückte deshalb ins Mittelfeld, und Schneider etablierte sich doch wieder monatelang als „letzter Mann“. Als Ziehmer ihn im Winter wieder verdrängte, musste Kapitän und Vorstopper Helmut Müllges seine Karriere wegen einer langwierigen Oberschenkelverletzung beenden – wieder wurde ein Platz frei für Hennes Schneider.

Endgültig wurde der Ginsheimer zum Libero, als auch Ziehmer 1971/72 seine Verletzungsprobleme hatte. Wie gut das funktionierte, zeigte vor allem das 5:0 gegen den FK Pirmasens, bei dem der neue Trainer Bernd Hoss dem Gegner das Mittelfeld überließ, erst vor dem eigenen Strafraum die Bälle erobern und dann schnell nach vorne kombinieren ließ. Die drei Spitzen rochierten ständig, Schneider und Rechtsverteidiger Herbert Scheller stürmten mit, der Gegner hatte keine Chance. Sodass die Frage unbeantwortet bleibt, aber dennoch im Raum steht: Was wäre möglich gewesen, hätte sich Schneider nicht schon mit 22 Jahren in den Amateurfußball zum SV Weisenau verabschiedet – und zu den Mainzer Hofsängern. Heute wird er 69 Jahre alt. Sooooo ein Tag…

Was Hennes Schneider an seinem 60. Geburtstag gemacht hat, wissen wir nicht. Vielleicht war er in der Coface-Arena. Denn die wurde an diesem Tag, heute vor neun Jahren, mit einer Gala und einem 8:0 der 05er gegen eine Mainzer Stadtauswahl eingeweiht. Florian Heller schoss das erste Tor im neuen Stadion.

*Mit freundlicher Genehmigung von Jörg Schneider (nullfünf-Mixed-Zone).

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