Splitter und Splatter
Aus Palma de Mallorca berichtet Peter H. Eisenhuth.
Arbeitsurlaub: Ausgerechnet als Martin Schmidt vorbeikommt, dämmert meiner Sitznachbarin, um was für eine Gruppe es sich bei den vielen Männern handeln könnte, die einen Großteil der Passagiere des Lufthansaflugs LH 1154 nach Palma de Mallorca ausmachen. Ausgerechnet beim Anblick des lässig gekleideten Schweizers, der das wilde Haar unter einer Baseballkappe bändigt, fragt sie: „Ist das eine Fußballmannschaft?“ – „Ja, die Jüngeren spielen Fußball.“ – „Woher kommen die?“ – „Aus Mainz. Mainz 05.“
Weder der Name der Stadt noch des Vereins rufen erkennbare Reaktion hervor. Aber eine weitere Frage: „Und wohin fliegen die?“ – „Äh, nach Mallorca.“ – „In den Urlaub?“ – „Nein, ins Trainingslager. Ist aber so ähnlich.“ – „Und Sie sind der Trainer?“ – „Nee, ich bin Journalist.“ – „Ach so. Dann einen schönen Urlaub.“
Tradition: Wenn die 05er nach Spanien kommen, freuen sich die Spanier so sehr, dass sie umgehend einen Feiertag ausrufen. Üblicherweise handelt es sich um den 6. Januar, den Día de los Reyes Magos, den Tag der Heiligen Drei Könige, die hierzulande die Weihnachtsgeschenke bringen. Womit, nebenbei bemerkt, die Spanier dem biblischen Geschehen näher sind als unsereiner.
Gut informierten Kreisen zufolge soll dies auch im nächsten Jahr wieder geschehen, wenn die Mainzer Profis sich in Andalusien einfinden werden. Dass der Bundesligist in diesem Winter sogar zweimal zu Gast ist, würdigen die Einheimischen während des Mallorca-Trips mit gleich zwei Feiertagen: Der heutige Dienstag, 6. Dezember, ist der Tag der Verfassung. Und am Donnerstag folgt Mariä Empfängnis, was sich nicht auf das Ereignis unter Mitwirkung des Heiligen Geistes, sondern auf ihre eigene Geburt bezieht.
Auswanderer: Theoretisch könnte Lukas Schmidt an diesen beiden Tagen die Füße hochlegen und die Gottesmutter eine gute Frau sein lassen. Schließlich lebt er seit fast fünf Jahren mit Ehefrau Corinna auf Mallorca. Keine Auswanderer im Sinne von „Wir wollten in den kanadischen Wäldern ein Café eröffnen, aber außer uns war da kein Mensch und der hat nicht mal Deutsch gesprochen“, sondern mit allen vier Füßen fest auf dem Boden. Sie arbeitet als Immobilienmaklerin, er hat sich binnen kürzester Zeit einen hervorragenden Ruf als Hochzeitsfotograf erarbeitet.
In dieser Woche jedoch ist der Mann, der in den Bergen bei Sollér lebt, für seinen ehemaligen Arbeitgeber im Einsatz – bis zu seinem Abschied aus Deutschland kümmerte er sich am Bruchweg um die Berichterstattung über die U23 und die Jugendmannschaften. Jetzt knipst er die Profis bei der Arbeit. Eine schöne Abwechslung zum seit dem Ende der Coronaeinschränkungen wieder auf hohen Touren laufenden Geschäft.
„2020 war ein Jahr ohne Einkommen“, sagt er, „aber 2022 erreicht der Tourismus hier den höchsten Stand. Die Zahlen liegen fünf bis sieben Prozent über dem bisherigen Rekordjahr.“ Na dann, schönen Urlaub.
Neidfaktor: Dem geübten Auge eines René Vigneron entgeht nichts. Auch nicht, wenn sich der SPORTAUSMAINZ.de-Reporter während einer 05-Trainingseinheit in eine Loge zurückzieht, um ungestört zu telefonieren. Wobei „Loge“ glatt geloge ist. Eher handelt es sich um einen maroden Wintergarten für zwei Personen. Aber immerhin windgeschützt und – wäre er nicht nach vorne offen – abhörsicher. Am anderen Ende der Verbindung befindet sich übrigens Guido Ritz, der künftige Sportliche Leiter der TuS Marienborn, wir sind ja schließlich zum Arbeiten auf Malle. Der freut sich auf seine neue Aufgabe. Und ist neidisch auf Menschen, die bei 20 Grad unter blauem Himmel mit ihm telefonieren.