Überragender Flieger auf der Linie
Mainz. Die 05-Kalenderblätter* waren ein fester Bestandteil der „nullfünf-Mixed-Zone“, die von August 2014 bis Oktober 2017 über den Mainzer Bundesligisten berichtete. Sie griffen Jubiläen, Besonderheiten und Ergebnisse an den jeweiligen Tagen auf. Heute geht es vor allem um zwei wichtige Verteidiger, einen Stadtbummler und einen Torwart der 70er Jahre, als es zwei Nummer einsen gab.
6. September
Heute vor 98 Jahren wurde Fritz Palfner geboren, der Mainzer Abwehrchef der Saison 1951/52. Palfner, beim Lehrter SV und bei Hannover 96 ausgebildet, war nach hinten immer mal für einen Fehler gut, glich das aber durch seine hervorragende Spieleröffnung und gefährliche Freistöße aus, mit denen er vier seiner acht Saisontore schoss. Nach nur einem Jahr verabschiedete sich Palfner wieder aus Mainz. Eigentlich wollte der fast 30-Jährige seine Laufbahn beenden, dann heuerte er doch noch einmal beim Nord-Zweitligisten Eintracht Braunschweig an.
Vor 85 Jahren kam Franz Bargon zur Welt. Der Spieler aus dem eigenen Nachwuchs war in den 1950ern ein wertvoller Verteidiger bei den 05ern. Der großgewachsene Bargon brauchte 1954 nicht lange, um Kurt Kolb den Stammplatz als rechter Verteidiger streitig zu machen. Der neun Jahre ältere Kolb wurde in seinem letzten Mainzer Jahr vorübergehend Mittelstürmer, besaß zwar keine Offensivqualitäten, war aber als Wandspieler, der Bälle halten und verteilen konnte, durchaus zu gebrauchen.
Ein weiterer erfahrener Mann, die zu diesem Zeitpunkt 35-jährige Weisenauer Fußball-Legende Franz Mattes, verdrängte wiederum nach einem Jahr den jungen Bargon aus der Abwehr; das Talent fand im Mittelfeld einen neuen Stammplatz, blieb aber auch als rechter Läufer ein reiner Defensivspieler. Und teilte sich im dritten Jahr wiederum mit Mattes und dem großen Verteidiger Alfred Höfer die beiden Plätze in der Abwehr.
In seiner vierten Oberligasaison mit den 05ern spielte Bargon keine große Rolle mehr: Die Neuzugänge Norbert Liebeck und Willi Jakobi sowie Mattes setzten sich durch, worauf Bargon nach 70 Oberligaspielen (nur drei im letzten Jahr) und einem Tor die 05er verließ.
Seinen 69. Geburtstag feiert Wolfgang Orben, einer der beiden jungen 05-Torhüter der frühen 1970er Jahre. Die 05er befanden sich damals sportlich wie finanziell in einer schwierigen Situation. 1970 hatten sie gegen den Abstieg gespielt, für mehr reichte das Geld nicht. Sogar über eine Fusion mit der SV Weisenau dachten sie nach, aber nachdem die SVW-Mitglieder mit klarer Mehrheit dagegengestimmt hatten, wurde der Plan nicht weiter verfolgt.
Nach der Saison trennte sich der Verein von vielen teuren Spielern und baute eine neue junge Mannschaft auf, unter anderem mit dem 18-jährigen Mombacher Orben und dem 17-jährigen Zornheimer Wolfgang Kneib fürs Tor. Fünf Jahre lang gab es daraufhin keinen Stammtorwart – die beiden Wolfgangs waren gleich gut. Orben war das größere Talent, ein überragender Flieger auf der Linie, blitzschnell in jeder Ecke, auch technisch ein guter Kicker, mit gutem Auge, guter Strafraumbeherrschung. Kneib war vom Naturell her genau das Gegenteil: sachlich, ruhig, nicht so reizbar und emotional wie Orben.
Die Trainer Josef Gehbauer und später Bernd Hoss gingen mit ihren Torhütern pragmatisch um: Beide spielten. Anfangs Orben häufiger, dann setzte sich Kneib, der spätere Uefa-Pokalsieger, nach und nach durch – aber nie komplett. Bis 1976 spielte Wolfgang Orben 98-mal, und Kneib, der den Bruchweg schon 1975 verlassen hatte, 107-mal. Nach der Lizenzrückgabe der Mainzer wechselte Orben zu Jürgen Jughards neureichem Verbandsligisten SG Harxheim, wo er erfolgreich zum Mittelstürmer umgeschult wurde, ehe ihn der neue Trainer Willi Löhr, bei Mainz 05 einst Kapitän und Orbens Vorstopper, 1981 wieder ins Tor stellte. Das Talent für eine größere Karriere im Profifußball hätte Orben sicherlich gehabt; die Ernsthaftigkeit seines Kollegen Kneib, der fast 600 Partien in den beiden oberen Ligen spielte, hätte ihm dabei geholfen.
Christoph Trox wird 50 Jahre alt. Der mit zwölf Jahren vom TSV Schott zu den 05ern gewechselte Stürmer war einer jener Spieler, die in den 90er Jahren kurz vor dem Sprung von der Zweiten Mannschaft ins Zweitligateam standen, auf Mannschaftsbildern der Profis auftauchten, in Testspielen zum Einsatz kamen, aber am Ende doch nie in oben spielten.
31 Jahre alt wird schließlich Maximilian Beister. Der Außenstürmer, als Hamburger ein Bundesligaspieler, setzte sich in Mainz nicht durch, sondern machte sich eigentlich nur unmöglich. Zwar schoss Beister 2015 das erste Tor in der Sommervorbereitung, war aber in der folgenden Hinrunde selten fit und wurde nur im Auswärtsspiel beim Hamburger SV eingewechselt. In der Rückrunde spielte er als Leihspieler des Zweitligisten TSV München 1860 keine Hauptrolle. Bei der Mainzer U23 sorgte er für Schlagzeilen, weil er beim Auswärtsspiel gegen Werder Bremen zur Pause ausgewechselt wurde und anschließend mit seiner Freundin zum Stadtbummel aufbrach. Nach einer Leihe nach Australien wurde er schnell ausgemustert und der Vertrag aufgelöst. Seit voriger Saison spielt Beister für den FC Ingolstadt.
Geburtstag haben auch ein ehemaliger und ein aktueller U-23-Spieler.
Der Frankfurter Leon Bell, 2018/19 in 29 Regionalligaspielen eingesetzt (vier Tore), wird 24 Jahre alt.
Drei Jahre jünger ist Oliver Wähling. Der offensive Mittelfeldspieler kam zur vorigen Saison, erzielte in 23 Regionalligaspielen drei Tore und hinterließ zuletzt einen sehr guten Eindruck im Test der Profis bei der TSG Hoffenheim.
*Mit freundlicher Genehmigung von Jörg Schneider (nullfünf-Mixed-Zone).
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