Oberliga | Peter H. Eisenhuth | 30.06.2024

Wenn der Sechser sich als LK 24 tarnt

In der Tennis-Oberliga quittiert der ersatzgeschwächte TSV Schott Mainz gegen BASF TC Ludwigshafen 2 die erwartete Niederlage. Kapitän Sven König überrascht, Mika Westhoff debütiert.
Mika Westhoff gab bei seinem Oberligadebüt keinen Ball verloren...
Mika Westhoff gab bei seinem Oberligadebüt keinen Ball verloren... | Bernd Eßling
...und verkaufte sich trotz seiner 0:6, 0:6-Niederlage sehr ordentlich.
...und verkaufte sich trotz seiner 0:6, 0:6-Niederlage sehr ordentlich. | Bernd Eßling
Sven König überraschte, indem er den schlaggewaltigen Vincent Schneider in die Knie zwang.
Sven König überraschte, indem er den schlaggewaltigen Vincent Schneider in die Knie zwang. | Bernd Eßling
Adrian Sikora musste sich an Position zwei Daniel Baumann geschlagen geben.
Adrian Sikora musste sich an Position zwei Daniel Baumann geschlagen geben. | Bernd Eßling

Mainz. Das schien ein sehr ungleiches Match zu werden. Hier Mika Westhoff, mit einer LK 9,7 ausgestattet – dort Thomas Drayton, LK 24. Vorteil also für den Oberligadebütanten des TSV Schott? Mitnichten. „Die haben vergessen, ihn vor der Saison einzustufen“, sagte der Mainzer Trainer Jörg Daum über den BASF TC Ludwigshafen 2 und dessen an sechster Position eingesetzten Engländer, der in diesem Jahr schon an etlichen 15.000- und 25.000-Doller-Turnieren teilgenommen hat. „Eigentlich müsste er an zwei spielen.“

Entsprechend deutlich fiel das Resultat aus. „Schon beim ersten Punkt habe ich gemerkt, dass die LK 24 nicht stimmen kann“, erzählte Westhoff nach seiner 0:6, 0:6-Niederlage, gegen die er sich zwar nach Kräften gestemmt hatte, bei der er aber mit Ausnahme ganz weniger Situationen nie aus der Defensive herauskam. „Aber Jörg hatte mich informiert. Deshalb konnte ich frei aufspielen und versuchen, möglichst gut in die Ballwechsel reinzukommen. Druck, gewinnen zu müssen, hatte ich nicht.“

 

                            „Alle Doppel zu holen,

                           war so wahrscheinlich

                    wie der EM-Titel für die Türkei“

 

Das galt letztlich für die gesamte Mannschaft. Ohne den an einem Kahnbeinbruch laborierenden Cyril Vandermeersch, sowieso über den ursprünglich als Nummer eins vorgesehenen Florent Bax, mit Adrian Sikora als einzigem ausländischen Spieler und dem aus der Zweiten Mannschaft hochgezogenen Westhoff war klar, dass der TSV gegen die Pfälzer nicht würde gewinnen können. „Die haben auch nicht alles aufgeboten, was möglich gewesen wäre“, sagte Daum. „Ich hatte vorher durchblicken lassen, dass wir nicht in Bestbesetzung sind.“

Die 4:5-Niederlage kam zustande, ohne dass die Doppel ausgespielt wurden, mit dem 2:4 nach den Einzeln war die Entscheidung im Prinzip gefallen. „Alle drei Doppel zu holen, war so wahrscheinlich wie der EM-Titel für die Türkei“, sagte Daum.

An anderen Tagen wäre mit gleichem Personal ein 3:3 denkbar gewesen; Steffen Hillenmeiers Zweisatzniederlage gegen Max Amling war nicht vorab in Stein gemeißelt. „Steffen ist ein bisschen unter seinen Möglichkeiten geblieben und hat von Anfang an keinen Zugriff bekommen“, bedauerte der Trainer. „Das ging dann auch relativ schnell. Aber lieber in dieser Begegnung als morgen.“ Am Sonntag müssen die Schottler in Saarlouis gewinnen, um nicht in allerhöchste Abstiegsgefahr zu geraten.

Anzeige

Kraus arbeitet sich ins Spiel

Adrian Sikoras 2:6, 2:6 gegen Daniel Baumann sah über weite Strecken enger aus, ohne dass der Slowake in die Nähe eines Erfolgs gekommen wäre, Lukas Hamacher ging gegen die ehemalige Nummer 59 der Weltrangliste Denis Gremelmayr (41) unter. „Er hatte viel zu viel Respekt, da passte gar nix“, hielt Daum fest.

Adrian Kraus kommentierte seinen Match zwar mit den Worten, er sei sich nicht sicher, ob er nicht noch schlechter gespielt habe als am vorherigen Spieltag bei der Tracht Prügel gegen den Gensinger Franjo Matic. Das freilich spräche gegen den Ludwigshafener Finley Leukel, den Kraus mit 4:6, 6:3, 10:3 bezwang. „Der erste Satz war tatsächlich schlecht, aber danach hat Adrian gut ins Spiel gefunden“, sagte sein Coach.

Dass es Sven König gelingen würde, Vincent Schneider die erste Saisonniederlage beizubringen, hatte wohl kaum jemand auf der Rechnung. Auch nicht Jörg Daum. Zumal der erste Satz in den erwarteten Bahnen verlief und mit 3:6 an den schlaggewaltigen langjährigen Zweitligaspieler ging. „Aber Sven ist erstaunlich gut mit dem Tempo umgegangen.“

Aggressiver als gewohnt

Der Schott-Kapitän agierte aggressiver als gewohnt, ohne seine Taktik grundlegend zu ändern („Das konnte er gar nicht, weil er nur am Reagieren war“). Seltener als gewohnt kam Schneider dazu, seine Vorhand in Höchstgeschwindigkeit über Netz zu dreschen, und je mehr Bälle König zurückbrachte, desto anfälliger wurde der Ludwigshafener für Fehler. „Und je mehr Fehler er machte, desto unsicherer wurde er“, fasste Daum zusammen. „Aus dieser Mühle kam er nicht mehr raus.“

Hart umkämpft blieb das Match dennoch. König gewann den zweiten Satz im Tiebreak, im Matchtiebreak hatte er dann auch das Glück auf seiner Seite: Beim Stand von 7:7 platzierte er einen Aufschlag auf die Linie, der Ball versprang. Wenig später verwandelte er den Matchball zum 10:8.

Für Mika Westhoff, der die ungewohnte Herausforderung ungeachtet seiner Doppelnullniederlage genoss, steht die wichtigere Aufgabe dieses Wochenendes übrigens am Sonntag an: Mit der Zweiten Mannschaft geht es im Heimspiel gegen die SVW Mainz um die Meisterschaft in der A-Klasse und den Aufstieg in die Rheinhessenliga. Die Leistung aus dem Match gegen den als LK 24 getarnten Thomas Drayton sollte ihm Auftrieb geben.

Alle Artikel von Tennis