Christian Karn / Peter H. Eisenhuth | 15.04.2020

Zufrieden mit sich und der Welt

Das 05-Kalenderblatt* für den 15. April.
Beim ersten Mainzer Bundesligasieg, einem 2:1 gegen den HSV, stand Claudius Weber (l., gegen Stephan Kling, hinten Bastian Reinhardt) in der Mainzer Anfangsformation.
Beim ersten Mainzer Bundesligasieg, einem 2:1 gegen den HSV, stand Claudius Weber (l., gegen Stephan Kling, hinten Bastian Reinhardt) in der Mainzer Anfangsformation. | Bernd Eßling
Gut gemacht: Torwart Jannik Huth und Giulio Donati gratulieren einander am 22. April zur Leistung und zum Punktgewinn beim 2:2 in München.
Gut gemacht: Torwart Jannik Huth und Giulio Donati gratulieren einander am 22. April zur Leistung und zum Punktgewinn beim 2:2 in München. | René Vigneron

Mainz. Die 05-Kalenderblätter* waren ein fester Bestandteil der „nullfünf-Mixed-Zone“, die von August 2014 bis Oktober 2017 über den Mainzer Bundesligisten berichtete. Sie griffen Jubiläen, Besonderheiten und Ergebnisse an den jeweiligen Tagen auf. Heute geht es unter anderem um den letzten Mainzer Torschützen im Münchener Olympiastadion, um den einzigen Medaillengewinner des Vereins bei Olympischen Spielen und um zwei Fehleinschätzungen.

 

15. April

Am Mittwoch gibt es gleich fünf Geburtstagskinder, die einst das Trikot des FSV Mainz 05 trugen oder derzeit tragen.

Günther Gleiter ist der erste der vier. Der Torwart, der 1951 vom FSV Frankfurt nach Mainz kam, sich aber im Vorbereitungsspiel gegen Bayer Leverkusen das Bein brach und nie ein Pflichtspiel für die 05er bestritt, wurde vor 94 geboren.

 

Seinen 47. Geburtstag feiert Florian Sohler, einer der diversen Konkurrenten von Linksaußen Christian Hock, die den Zweitliga-Stammspieler auf Dauer nicht zu verdrängen vermochten. Der gebürtige Mainzer wechselte 1997 vom Oberligisten Hassia Bingen zu den 05ern, schob Hock tatsächlich eine Zeit lang in die Abwehr und auf die Ersatzbank, spielte aber schon im zweiten Jahr keine Rolle mehr und kehrte nach 31 Zweitligaeinsätzen (16 Einwechslungen) über die Offenbacher Kickers zurück zu seinem Stammklub Eintracht Bad Kreuznach.

 

42 Jahre alt wird der im polnischen Oppeln geborene Claudius Weber, der 2001 nach etlichen Jahren bei nordhessischen Klubs an den Bruchweg kam. Schon mit den 05-Amateuren feierte er einige Erfolge: Viermal, von 2002 bis 2005, den Gewinn des Südwestpokals – was damals noch zur Teilnahme am DFB-Pokal berechtigte – und 2003 den Aufstieg in die Regionalliga.

2003/04 brachte er es auf zehn Zweitligaeinsätze, und mit zwei Toren (jeweils 1:1 gegen Jahn Regensburg und bei Union Berlin) rettete er dem Team von Jürgen Klopp zwei Punkte, ohne die es zum dritten Mal hintereinander nichts mit dem Aufstieg geworden wäre. In der Ersten Liga war der blonde Stürmer achtmal dabei: Einmal von Beginn an mit einem 82-Minuten-Einsatz beim ersten Mainzer Bundesligasieg, dem 2:1 am zweiten Spieltag gegen den Hamburger SV. Einmal als Torschütze zum 2:4-Endstand beim FC Bayern gegen Oliver Kahn; das 1:3 durch Christoph Babatz hatte er vorbereitet.

In der Rückrunde kam er nur noch bei den Amateuren zum Einsatz, nach der Saison wechselte er zum Regionalligisten SV Wehen, danach zum VfB Lübeck. Von 2008 an spielte er bis zum Ende seiner höherklassigen Karriere 2014 wieder für mehrere hessische Oberligisten.

Aus Mainz hatte er sich seinerzeit, zufrieden mit sich und der Welt, mit einem herrlichen Bonmot verabschiedet. Auf die Frage der Mainzer Rhein-Zeitung, ob er nicht zu wenig aus seinem Talent gemacht habe, antwortete Weber: „Ich habe alles erreicht. Ich stehe im Goldenen Buch der Stadt, und ich habe das letzte Mainzer Tor im Münchener Olympiastadion geschossen.“ (phe)

 

Heute vor 26 Jahren geborenwurde Jannik Huth. Der mit dem Ball am Fuß herausragende Torhüter, der 2007 von Hassia Bingen zu den 05-Junioren kam, war von 2010 an Stammkeeper zunächst der U17, dann der U19 und teilte sich 2014/15 die Drittligaspiele mit Robin Zentner.

Sen Bundesligadebüt gab Huth am 8. April 2017 bei der 0:1-Niederlage in Freiburg. In dieser Saison hatte er bereits den Angriff des aus der A-Jugend aufgestiegenen Florian Müller abgewehrt und den erfahrenen Italiener Gianluca Curci von der Position als Nummer zwei verdrängt – für die letzten sieben Spiele zog Trainer Martin Schmidt ihn dann auch dem seit Wochen unglücklich agierenden Dänen Jonas Lössl vor. Huth hielt dem Druck im Nichtabstiegskampf stand und sein Tor zweimal sauber (gegen Hertha BSC und beim HSV).

Auf Leihbasis nach Rotterdam

Mit seinen Leistungen in der U23 hatte er 2016 den Sprung zu den Olympischen Spielen geschafft; als Ersatztorwart gewann er mit der deutschen U21 in Rio de Janeiro die Silbermedaille. Im Herbst des Jahres folgte sein erster internationaler Einsatz für die 05er im tabellarisch bedeutungslosen Europa-League-Heimspiel gegen den FK Qäbälä (2:0).

2017/18 war die Stelle der Nummer eins mit dem ehemaligen Nationaltorhüter René Adler besetzt, und als der sich im DFB-Pokalspiel gegen Holstein Kiel verletzte, hatte Robin Zentner das Glück, als etatmäßige Nummer vier auf der Bank zu sitzen. Und der machte seine Sache als Adler-Vertreter so gut, dass er über den Jahreswechsel hinaus zwischen den Pfosten stand. Huth stand noch elfmal im Spieltagskader, bevor er in der Winterpause bis Saisonende auf Leihbasis zum niederländischen Erstligisten Sparta Rotterdam wechselte, wo er rasch zur Stammkraft wurde.

Nach der Rückkehr an den Bruchweg schaffte er es jedoch nicht mehr an Zentner und Müller vorbei, blieb eine Saison ohne Einsatz und schloss sich im Sommer vorigen Jahres dem SC Paderborn an. (phe)

 

Hätte Huth die 05er nicht verlassen, könnte er heute seinen Mannschaftskollegen gemeinsam mit Edimilson Fernandes einen ausgeben (wenn nicht gerade Corona geselliges Beisammensein verhinderte). Der vor dieser Saison zu den Mainzern gestoßene defensive Mittelfeldspieler wird 24 Jahre alt. Geboren in Sion, in der französischsprachigen Schweiz, kam er mit der Empfehlung von 42 Premier-League-Spielen für West Ham United und 29 Serie-A-Einsätzen für den FC Florenz an den Bruchweg und stand bis Ende der Hinrunde sowohl unter Sandro Schwarz als auch unter Achim Beierlorzer fast immer in der Anfangsformation.

Zweifel an seinen Zweikampqualitäten vermochte er dennoch bis heute nicht zu zerstreuen. Seinen besten Auftritt hatte er beim überraschenden 5:1-Sieg in Hoffenheim, als Beierlorzer ihn nicht minder überraschend im Zentrum einer Dreierkette aufbot. (phe)

 

Genau 18 Jahre liegt der 4:1-Sieg gegen Arminia Bielefeld zurück, mit dem die 05er sich am 31. Spieltag der Zweitligasaison 2001/02 als Aufsteiger wähnten: Nach drei Toren von Blaise Nkufo und einem von Jürgen Kramny gegen den direkten Aufstiegskonkurrenten fuhr der erste Autokorso der Saison durch die Stadt; ein Sieg aus den letzten drei Spielen sollte schließlich nicht mehr als Formsache sein…

…und am 15. April 2011 strahlte zum letzten Mal Flutlicht am Bruchweg auf ein Bundesligaspiel. Die 05er schossen mit einem 1:0 Borussia Mönchengladbach in die Zweite Liga – bei nur noch vier Spieltagen sieben Punkte Rückstand auf Eintracht Frankfurt aufzuholen, schien ein Ding der Unmöglichkeit zu sein...

…beide Annahmen aber stellten sich als Fehleinschätzungen heraus: Die Mainzer wurden nach dem 1:3 bei Union Berlin Vierter. Neun Jahre später rettete sich Gladbach noch auf den Relegationsplatz und setzte sich dann gegen den VfL Bochum durch. Die Eintracht stieg ab.

 

Ganz ohne Nebenwirkungen blieb hingegen das 6:1 gegen den SC Paderborn an einem Dienstagnachmittag vor elf Jahren, bei dem Gästefan Udo den drei Dutzend Mitgereisten die Aufstellung des SCP vorlesen durfte, Felix Borja drei Tore schoss und die Mainzer  Fans den überragenden Srdjan Baljak auf den Zaun riefen.

 

*Mit freundlicher Genehmigung von Jörg Schneider (nullfünf-Mixed-Zone).

 

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