Gesegnet mit der Gabe der Bilokation
Mainz. Die 05-Kalenderblätter* waren ein fester Bestandteil der „nullfünf-Mixed-Zone“, die von August 2014 bis Oktober 2017 über den Mainzer Bundesligisten berichtete. Sie griffen Jubiläen, Besonderheiten und Ergebnisse an den jeweiligen Tagen auf. Heute geht es vor allem um einen Trainer, der in der gerade beendeten Saison mit zwei Mannschaften im Nichtabstiegskampf gesteckt hätte.
1. Juli
Am heutigen Mittwoch haben drei Ex-05er Geburtstag:
Vor 92 Jahren geboren wurde Friedel Muuhs, der als 26-Jähriger von Victoria Hamburg zu den 05ern stieß. Im linken Mittelfeld er sich nicht durch und verließ den Verein nach einer Saison und nur sieben Einsätzen wieder.
Manfred Böhm, der heute vor 78 Jahren zur Welt kam, spielte 1961 und 1962 ebenfalls nur sieben Mal in der Oberliga mit. Dabei bereitete der Linksverteidiger immerhin ein Tor vor.
Folker Liebe, Jahrgang 1964, heute also 56 Jahre alt, kam 1985 aus Rüsselsheim nach Mainz, als die Oberliga nicht mehr die höchste, sondern nur noch die dritthöchste Liga war. Auch er kam, ehe er nach einem Jahr wieder zum SC Opel zurückkehrte, auf genau sieben Spiele – allesamt Einwechslungen – und zwei Tore.
2. Juli
In Wien wurde am 2. Juli 1893 Heinrich Krczal geboren, der in Mainz zwar nur eine Nebenrolle spielen sollte, allerdings eine sehr interessante. Als Linksaußen bei Rapid Wien galt er als intelligent, spielverständig, technisch geschickt. Siebenmal wurde Krczal österreichischer Meister, kurzzeitig war er Nationalspieler. Nach dem Karriereende 1921/22 arbeitete er jahrzehntelang als Trainer in Österreich, Deutschland und der Schweiz, nach einer um 1920 herum erfolgten Namensänderung hieß er Heinrich Körner. Fortuna Düsseldorf führte er 1933 zur Deutschen Meisterschaft.
In Düsseldorf war er schon neun Jahre zuvor tätig – und parallel dazu bei den 05ern, wie dem Mainzer Anzeiger vom 20. August 1924 zu entnehmen ist:
„Am kommenden Sonntag, nachmittags 3 1/2 Uhr, findet am Fort Bingen ein äußerst interessantes Wettspiel statt. Es ist Mainz 05 gelungen, die bekannte spielstarke Gau-Ligamannschaft ,Fortuna‘-Düsseldorf, die sich auf einer Tournee befindet, zu verpflichten. ,Fortuna‘ repräsentiert allerbeste westdeutsche Klasse und ist durch ihr technisch hochstehendes und faires Spiel äußerst bekannt und beliebt. Die Mannschaft bevorzugt das flache Spiel mit hervorragender Dreieckkombination, ist sehr schnell und vor allem sind einige Spieler ständig und mit glänzendem Erfolge in der bekannt starken Düsseldorfer Stadtmannschaft tätig. Ein ganz besonderes Interesse erweckt der Umstand, daß beide Mannschaften seit drei Monaten unter dem Training des bekannten Trainers Heinz K ö r n e r stehen und man da wohl mit Spannung erwarten wird, welche Mannschaft in den Lehren dieses erfahrenen Trainers am meisten fortgeschritten ist.“
Wie Körner das gemacht hatte, gleichzeitig 05 und die Fortuna zu trainieren, ob er über die Gabe der Bilokation verfügte, ist nicht weiter überliefert. Aber er war der erste nachgewiesene Fachmann aus dem ausländischen Profifußball, der in Mainz etwas entwickeln sollte. Ein Aufstieg in die Bezirksliga Rheinhessen-Saar, die sofortige Vizemeisterschaft 1925/26, die Hessenmeisterschaft 1926/27 zeigten: Es war ihm gelungen.
Protest, Gegenprotest, Protest
Die Mannschaft war bei seinem Amtsantritt Zweitligist und hatte 1924 unter etwas merkwürdigen Umständen den sofortigen Wiederaufstieg verpasst. Sportlich eine klare Sache, in der Aufstiegsrunde waren die Mainzer Dritter mit gewaltigem Rückstand auf die beiden Aufstiegsplätze geworden.
Wegen Problemen mit einer Spielberechtigung wurden jedoch dem Zweitplatzieren Saar 05 Saarbrücken vom Sportgericht einige Punkte aberkannt, nach Gegenprotest wieder zuerkannt, der erneute Protest hat sich über Wochen gezogen, die neue Saison hatte längst angefangen, ohne dass geklärt war, in welcher Liga Mainz 05, Saar 05 und Völklingen 06 spielen würden. Erst im Oktober stand fest, dass die sportlichen Ergebnisse der Aufstiegsrunde Bestand haben würden.
Saar 05 wurde nachträglich in die höchste Liga eingegliedert, Mainz und Völklingen stiegen zum vierten Spieltag in ihre jeweilige Zweite Liga ein. Die 05er verloren ihre ersten beiden Spiele gegen Mombach 03 und die SpVgg Oberstein jeweils 0:1, danach aber keine einzige Partie mehr, wurde mit zwölf Siegen und zwei Unentschieden aus den verbleibenden Spielen erneut Meister der Kreisliga Rhein-Nahe und stieg diesmal auf.
*Mit freundlicher Genehmigung von Jörg Schneider (nullfünf-Mixed-Zone).
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