Ein Satz für den Textmarker
Mainz. Nicht zum ersten Mal wird Jan-Moritz Lichte am Dienstagmorgen das Training am Bruchweg leiten. Das machte schon mehrere Male, zuletzt im Interregnum im November 2019, als der FSV Mainz 05 sich von Sandro Schwarz getrennt, aber noch keinen Nachfolger verpflichtet hatte. Der, Achim Beierlorzer, ist seit Montag freigestellt, Lichte darf wieder ran. Doch diesmal nicht als Interimslösung, sondern als Chef.
Die Beförderung des bisherigen Kotrainers war nicht unbedingt zu erwarten. Für den Übergang hatten den 40-Jährigen erneut viele auf dem Zettel, als neuen ersten Mann ohne zeitliche Begrenzung nur bedingt. Sportvorstand Rouven Schröder nannte drei Argumente, die für Lichte sprechen: „Er verfügt über die fachliche Expertise, eine Erfahrung als Trainer über mehr als zehn Jahre und kennt unsere Mannschaft natürlich in- und auswendig. Wir trauen ihm daher zu, unser Team in die weitere Saison zu führen.“
Einen vierten Aspekt erwähnte er nicht, der Lichtes Fähigkeiten nicht abwertet, aber ebenfalls eine nicht ganz unbedeutende Rolle für diese Entscheidung gespielt haben dürfte: Einen neuen Mann von außen zu installieren, ist angesichts der coronabedingten Einnahmeverluste derzeit keine Option. Schon gar nicht, da sowohl Beierlorzer als auch Schwarz noch bis Mitte 2022 bezahlt werden müssen, sofern sie nicht vorher einen neuen Verein finden.
Von Schwarz geholt
Schwarz war es auch, der Lichte vor dreieinhalb Jahren als Kotrainer an den Bruchweg geholt hatte. Der gebürtige Kasselaner, dessen aktive Karriere vor allem aus 258 Spielen für den KSV Baunatal in der seinerzeit viertklassigen Oberliga Hessen bestand, war schon damals, abgesehen von Torwarttrainer Stefan Kuhnert, der Mann mit der meisten Profitrainererfahrung am Bruchweg. Unter anderem arbeitete er als Kotrainer von André Schubert und Michael Frontzeck in Paderborn und St. Pauli, bei Bayer Leverkusen und Hannover 96. Das Nachwuchsleistungszentrum der Niedersachsen leitete er bis zu seinem Wechsel nach Mainz 13 Monate lang.
Ihm sei frühzeitig klargeworden, dass er mit Fußball sein Geld verdienen wolle, hatte Lichte bei seinem ersten Pressegespräch als 05-Kotrainer im Grassauer Trainingslager gesagt – er habe aber auch gewusst, dass es als Spieler dazu nicht reichen würde. „Für jemanden, der nicht in den höchsten Ligen gespielt hat, hat es sich top entwickelt.“ Diesen Satz kann er seit Montag mit Textmarker hervorheben.
Note hat nichts zu sagen
2011 schloss Lichte den Kurs zum Fußballlehrer an der Hennes-Weisweiler-Akademie des Deutschen Fußball-Bunds als Jahrgangsbester mit 1,0 ab. Das sei ein schönes Erlebnis gewesen, weil er immer versuche, „die Dinge so gut zu machen, wie ich es kann“. Überbewerten will er dieses Ergebnis allerdings nicht: „Die Note besitzt keine Aussagekraft über die Fähigkeiten als Trainer.“
Diese Fähigkeiten, die zuletzt wohl vornehmlich im Verborgenen blieben, sollen jetzt zum Tragen kommen. Seine neue Rolle biete Lichte, dessen Bruder Henning von 2004 bis 2007 für die 05-Amateure spielte, die Chance, seine Ideen umzusetzen und sich als Führungspersönlichkeit zu entwickeln und zu profilieren, sagt Rouven Schröder. „Wir werden seine Entwicklung in unsere Entscheidung über die künftige Besetzung der Trainerposition einbeziehen und geben ihm und uns die nötige Zeit dafür.“
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