Kampfeslust und dürre Worte
Mainz. Man kann es so oder so sehen: Einerseits hat der FSV Mainz 05 am vorigen Samstag gegen Bayer Leverkusen eine deutlich bessere Leistung auf den Platz gebracht als in den drei vorangegangenen Bundesligaspielen. Anderseits stehen die Rheinhessen auch nach vier Spieltagen immer noch ohne Punkt da und sind inzwischen Tabellenletzter.
Den Eindruck, angesichts dieser sportlichen Krise nervös zu sein, erwecken die Verantwortlichen allerdings nicht. „Keine Nervosität. Nur Kampfeslust“, bekräftigt Sportvorstand Rouven Schröder. „Unser Blick geht nach vorne, wir sind bereit, alles zu geben. Wer sich zu viele Sorgen macht, ist in der Bundesliga falsch aufgehoben.“ Mit dieser Einstellung soll am Samstag gegen Borussia Mönchengladbach der erste Schritt raus aus der Krise erfolgen (Anstoß: 15.30 Uhr).
Mehr Fragen als Antworten
Dass der offene Brief der Mannschaft an die Fans (siehe rechts) ein solcher Schritt geworden ist – wenn auch nicht aus der sportlichen, sondern der mentalen Krise – lässt sich nicht behaupten. Die dürren Zeilen, wer auch immer sie verfasst haben mag, werfen mehr Fragen auf, als dass sie Antworten geben. Bezeichnend ist, dass die Vereinsführung sich zu einer einordnenden Stellungnahme veranlasst sah, die ebenfalls auf der 05-Homepage veröffentlicht wurde. Darin heißt es unter anderem:
- „Wir haben in Gesprächen die Spieler darauf hingewiesen, dass die Fans unseres Vereins erwarten, von der Mannschaft eine Erklärung zu ihrem Verhalten zu bekommen. Dass dieses für manchen vielleicht nicht umfassend erklärend ausfällt, liegt an den unterschiedlichen Perspektiven der Spieler auf diese Frage. Die Mannschaft bringt allerdings deutlich zum Ausdruck, dass die Missverständnisse aufgeklärt und beseitigt sind. Das respektieren und bestätigen wir und sehen dies als gemeinsame Basis, dass wir uns ab sofort auf die wichtigen Aufgaben der Mannschaft auf dem Platz konzentrieren. Wir als Vereinsführung haben gleichzeitig den Auftrag dafür zu sorgen, dass zukünftig Konflikte frühzeitig erkannt und gelöst werden", sagt Detlev Höhne, der Aufsichtsratsvorsitzende des Vereins.
Nun denn.
Am Samstag erhalten die Profis die nächste Gelegenheit, ihren Worten
- „…werden versuchen, mit Leistung auf dem Platz die Schlagzeilen der vergangenen Wochen vergessen zu machen.“
Taten folgen zu lassen.
Auf die Unterstützung noch vorhandener Fans können sie dabei nicht zählen, die Tribünen werden, abgesehen von einigen Vereinsmitarbeitern und Ehrengästen, leerbleiben. Hatte die Vereinsführung noch vor wenigen Wochen gehofft, die Zuschauerzahl sukzessive zumindest in den hohen vierstelligen Bereich steigern zu können, genehmigte die Stadt wegen des Anstiegs der Corona-Neuinfektionen jetzt nur noch 100 Fans. „Der finanzielle und organisatorische Aufwand dafür ist zu hoch“, erläuterte der Klub, warum er den Ticketverkauf deshalb komplett ausgesetzt hat.
Verein befolgt Vorgaben der Behörden
Die Frage, ob der Verein über eine Klage gegen diese Einschränkung nachdenke, verneinte Pressesprecherin Silke Bannick bei der digitalen Presskonferenz vor dem Gladbach-Spiel. Zwar ließ sich durchblicken, dass die 05-Verantwortlichen der Argumentation der Stadt nicht folgen können, schließlich seien „keine Fälle bekannt, in denen sich jemand bei einem Stadionbesuch angesteckt hat“, und tatsächlich bietet die Arena am Europakreisel genügend Platz, um mehrere Tausend Menschen im gebührenden Abstand zueinander zu platzieren – ganz abgesehen davon, dass es sich um Freiluftveranstaltungen handelt. Aber: „Natürlich müssen auch wir die Vorgaben der Behörden zum Schutz der Bevölkerung befolgen“, sagte Bannick. „Wir müssen die Einschätzung der Stadt respektieren.“
Rouven Schröder bekräftigte diese Haltung: „Wir wünschen uns natürlich, dass so viele Fans wie möglich im Stadion sind, aber ich bin kein Coronaexperte“, sagte der Sportvorstand. „Wir arbeiten vertrauensvoll mit den Behörden zusammen und müssen auf die Entwicklung Rücksicht nehmen.“
Und Trainer Jan-Moritz Lichte sieht das ähnlich nüchtern: „Man kann die Situation bedauern, aber man muss sie so annehmen, wie sie ist. Als Mannschaft müssen wir die Emotionen, die vorige Woche 250 Zuschauer von außen reingebracht haben, selbst entwickeln. Wir haben schon gezeigt, dass wir es können.“
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