Zwischen Anspruch und Wirklichkeit
Augsburg. Rouven Schröder sprach den Satz des Tages: „Nach diesem Spiel ein Statement abzugeben, dass wir enttäuscht sind, ist enttäuschend.“ Eine treffende Zusammenfassung der Diskrepanz zwischen den Ansprüchen und Versprechungen, mit denen der FSV Mainz 05 nach Augsburg gefahren war, und der tatsächlich gezeigten Leistung bei der 1:3-Niederlage (siehe: Wo sollte der Punkt herkommen?).
Etwas irritierend wirkte der Satz, mit dem Heiko Herrlich sein Statement bei der Pressekonferenz einleitete: „Mainz war der erwartet schwere Gegner“, sagte der Augsburger Trainer allen Ernstes. Oder war es ein Witz? Vielleicht hätte ihm jemand sagen sollen, dass die Fastnachtskampagne in Mainz am Rhein im nächsten Jahr ausfällt, und dass es also sinnlos ist, sich um einen Auftritt als Büttenredner zu bewerben.
Freilich könnte Herrlichs Aussage auch dafür sprechen, dass sie beim FCA die Erwartungen an den Tabellenletzten nicht allzu hoch angesetzt hatten. Einem solchen Anspruch wären die 05er jedenfalls mit ihrer unterirdischen ersten Halbzeit vollauf gerecht geworden. Nicht, dass die Augsburger ein Feuerwerk abgebrannt hätten. Um das Spiel zu kontrollieren, genügte es ihnen, gut zu stehen, etwas engagierter in die Zweikämpfe zu gehen als die Gäste und ansonsten auf deren Fehler zu warten.
Uninspiriertes Ballgeschiebe
„Wir dachten, wir hätten Energie aus den beiden vorigen Spielen gegen Bayer Leverkusen und Gladbach gezogen“, sagte 05-Sportvorstand Rouven Schröder, „aber davon haben wir in der ersten Halbzeit gar nichts gesehen.“ Den Mainzern gelang es nicht nur nicht, der Begegnung einen Stempel aufzudrücken, sie bemühten sich nicht einmal darum. „Mit unseren Passfolgen haben wir uns selbst eingeschläfert“, kritisierte Schröder das uninspirierte Ballgeschiebe, das spätestens dann ein Ende fand, wenn tatsächlich mal eine ernsthafte Aktion Richtung Augsburger Tor angedacht war – mehr als ein Fehlpass sprang in der Regel nicht heraus. „Wir haben zu selten in die Tiefe gefunden und konnten uns deshalb auch keine Energie über zweite Bälle holen.“
Jan-Moritz Lichte machte vornehmlich zwei Probleme im Spiel nach vorne aus. Zum einen habe seine Mannschaft nicht die Räume besetzt, die sie besetzen sollte, zum anderen hätten sich einzelne Akteure nicht an den gemeinsamen Plan gehalten. „Wenn zwei, drei Spieler eigene Ideen haben, wird es schwer gegen eine Mannschaft, die so organisiert steht wie Augsburg.“
Fehler wiederholt
Defensiv standen die Mainzer ebenfalls lange Zeit stabil, ließen außer zwei Schüssen von Ruben Vargas ans Außennetz aus dem Spiel heraus nichts zu. Doch beim Zustandekommen des 0:1 bewiesen sie, dass es leichter gesagt ist, man wolle aus seinen Fehlern lernen, als dies auch zu tun. Jeremiah St. Juste nämlich orientierte sich wie schon eine Woche zuvor beim ersten Gegentreffer gegen Borussia Mönchengladbach falsch, wollte sich um den zum Kopfball hochsteigenden Vargas kümmern, dessen sich bereits Luca Kilian annahm, und ließ dafür den in seinem Rücken einlaufenden Iago aus den Augen. Dass er dessen Schuss schließlich so abfälschte, dass der Ball per Bogenlampe wieder bei Vargas landete, der zum Fallrückzieher ansetzte, war Pech – aber Iago hätte gar nicht erst an den Ball kommen dürfen.
Schröder bescheinigte Trainer Jan-Moritz Lichte, in der Halbzeit die richtigen Worte gefunden zu haben, und tatsächlich erweckten die Mainzer nach dem Seitenwechsel einen etwas aggressiveren Eindruck, liefen die Augsburger auch mal an. Die Einwechslung Karim Onisiwos, in dessen Sog sich beispielsweise auch Levin Öztunali steigerte, hätte zum Wendepunkt werden können.
Sehenswerter Onisiwo-Treffer
Der Österreicher ersetzte den schwächelnden Jean-Philippe Mateta und erzielte bereits mit seiner ersten Strafraumaktion mehr Effekt als der Franzose eine Stunde lang – nämlich dass 1:1. Ein Treffer, dessen technische Qualität angesichts dessen, was in den verbleibenden Minuten geschah, nicht richtig gewürdigt wurde. Die Annahme der Öztunali-Hereingabe in vollem Lauf und vom Gegenspieler bedrängt war sehenswert, die Handlungsgeschwindigkeit, mit der er den Ball anschließend an Torwart Rafal Gikiewicz vorbeibrachte, ebenfalls.
„Danach hatten alle das Gefühl, dass wir diejenigen sind, die das 2:1 erzielen werden“, sagte Schröder. Dafür aber hätten die Mainzer nachsetzen müssen, statt sich von einer einzigen gefährlichen Augsburger Aktion, in der Michael Gregoritsch das Tor nur knapp verfehlte, beeindrucken zu lassen. „Nach dieser Chance hatte Augsburg wieder das Gefühl, gefährlich werden zu können“, sagte Jan-Moritz Lichte. Zusammen mit der zunehmenden Mainzer Unsicherheit führte das zum 1:2, obwohl die 05er bei Alfred Finnbogasons Kopfballablage auf André Hahn in Überzahl waren. „Danach“, musste Lichte feststellen, „sind wir nicht wiedergekommen.“
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