Laut und intensiv
Schwoich. In nicht allzu ferner Vergangenheit gab es Zeiten, da gingen die Profis des FSV Mainz 05 während der Trainingseinheiten ihrer Arbeit nach, wie man es im Beamtenwesen Dienst nach Vorschrift nennen würde. Sie machten, was man ihnen sagte, sofern ihnen nicht gerade die Idee eines spontanen Streiks kam. Aber mehr auch nicht. Jeder machte sein Ding, keiner schien einen anderen belästigen zu wollen. Mitunter wirkten die Plätze, auf denen sie trainierten, wie eine Oase der Stille.
Im kleinen Stadion des FC Schwoich kann davon keine Rede sein. Seit die 05er hier zugange sind, geht es laut zu. Das war am Dienstag zum Auftakt des Trainingslagers der Fall und erst recht am Mittwochmorgen, als Svensson in diversen Spielformen die Arbeit gegen den Ball üben ließ. Seine Spieler kommunizierten miteinander, coachten sich gegenseitig, feuerten die Nebenleute an. Außenstehende überrascht dies, was aber hauptsächlich daran liegt, dass in der Rückrunde der vorigen Saison wegen der Coronabestimmungen im Training keine Zuschauer erlaubt waren.
„Das ist auch nicht jeden Tag so“, sagte Svensson am Mittwoch, „es gibt ja ganz unterschiedliche Trainingseinheiten. Aber wir müssen spiegeln, was wir in den Spielen sehen“ – und hören – „wollen. Deshalb sind solche Einheiten wie heute bei mir schon die ganze Zeit so abgelaufen.“ Dazu gehört auch, dass der Trainer eingreift, wenn die Ausführung der Übungen nicht seinen Vorstellungen entspricht.
Übersichtlicher, aber nicht lockerer
Nicht nur laut ging‘s in der zweiten Einheit in Tirol zu, sondern auch sehr intensiv. Standen sich zunächst im Strafraum jeweils vier Verteidiger und vier Angreifer gegenüber, steckten die Coaches danach ein kurzes, schmales Feld ab, auf dem sich Sechserteams beharkten; einen neutralen Mann hatten sie als zusätzliche Anspielstation. Im dritten Kapitel der Pressingübungen endete das Spielfeld auf beiden Seiten fünf Meter hinter dem Mittelkreis, erstreckte sich aber über die volle Breite. Beim abschließenden Spiel in Mannschaftsstärke standen die Tore am Elfmeterpunkt.
Am Nachmittag wurden die Gruppen auf dem Platz zwar übersichtlicher, weniger anstrengend aber war die Schulung des Zweikampfverhaltens nicht. „Widerstände überwinden“, nannte Svensson als Stichwort.
Taktische Idee vermitteln
Von Einheit zu Einheit werde er zusätzliche Impulse setzen, erläuterte er. Damit die schon vorige Saison zum Kader gehörenden Akteure „langsam daran erinnert werden, was sie machen müssen, und die neuen Spieler sehen, wie wir Situationen in den unterschiedlichen Phasen des Spiels lösen wollen“.
Bis zum Ende des Trainingslagers will der Däne alle Komponenten der Mainzer Spielweise thematisieren. „Wir können nicht so viel Zeit investieren, dass anschließend alles perfekt klappt, aber wir werden den Jungs eine taktische Idee von dem geben, was gefordert ist.“ Und in den verbleibenden Wochen bis Saisonbeginn erfolge in Mainz „das berühmte Feintuning“.
Freilich lassen sich die einzelnen Elemente zumindest in den größeren Spielformen nicht isoliert betrachten. „Grundsätzlich trainieren wir immer alles“, sagte Svensson. „Wenn du einen Ball eroberst, musst du ja auch eine Lösung fürs Spiel nach vorne finden, auch wenn unser Schwerpunkt auf dem Spiel gegen den Ball liegt.“
Belastung steuern, nicht überziehen
Die kleine Gruppe von Profis, die unter anderem wegen der Teilnahme an der Europameisterschaft erst in dieser Woche ins Training eingestiegen ist, nahm das Trainerteam vorzeitig aus der Belastung heraus. Im ersten Block der Vorbereitung sei schließlich wenig taktisch gearbeitet worden, „sondern wir haben die Spieler dahin gebracht, dass wir aus einem solchen Training ohne Verletzte herausgehen.“ Das lasse sich nicht innerhalb von drei Tagen nachholen, „und wenn der Körper nicht auf solche Einheiten vorbereitet ist, steckt er sie nicht weg“.
Der unterschiedliche Fitnessstand sei eine größere Herausforderung als in Jahren ohne internationale Turniere oder auch als bei seinem Amtsantritt im Januar, räumte Bo Svensson ein. „Aber dafür haben wir im Team sehr gute Leute, die das steuern können, und auf die höre ich.“ Zwar sei es wichtig, die Spieler in einen Zustand zu bringen, dass sie voll einsatzfähig seien, überpacen dürfe man dabei jedoch nicht. „Es müssen nicht alle schon im Pokalspiel in Elversberg auf 100 Prozent sein. Das Risiko ist zu hoch, dass uns dann einer wegbricht.“
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