Wo Senioren wertgeschätzt werden
Ingelheim. Der Himmel über Ingelheim verhielt sich, als wollte er sagen: „Was soll’s? Wer jetzt hier ist, hat’s nicht eilig.“ Und also öffnete er am offiziellen Tag der Eröffnung der Deutschen Tennis-Seniorenmeisterschaften seine Schleusen – und zwar bis zum Anschlag. Vier Stunden lang ergossen sich die Regenmassen über die Anlage des TC Boehringer, danach standen die Plätze so sehr unter Wasser, dass auch die beim namensgebenden Unternehmen besorgten Pumpen nur mühsam Abhilfe schafften.
Immerhin, ein unschätzbarer Vorzug des TCB, bietet die Halle sechs Sandplätze, auf denen etliche Matches ausgetragen wurden. In der ersten Woche ermitteln die höheren Altersklassen ihre Meisterinnen und Meister, insgesamt haben mehr als 500 Teilnehmer gemeldet. „Das zeigt, dass das Erstlingswerk im vorigen Jahr nicht so schlecht angekommen ist“, hielt Jan Hanelt, der Präsident des Tennisverbands Rheinland-Pfalz, fest. Der Verband unterstützt den eine „organisatorisch und finanziell herausfordernde Zeit“ durchlaufenden Verein diesmal bei der Ausrichtung personell; Hanelt fungiert als Turnierdirektor.
„Wir sind für die Athleten da“, sagte er. In der allgemeinen Wahrnehmung und der auf anderen Ebenen seien die Seniorensportler unterschätzt, bedauerte Hanelt. „Das ist in Rheinland-Pfalz nicht der Fall.“ Nicht von ungefähr wurden diese Meisterschaften schon in der Vergangenheit im Bundesland ausgerichtet, die Ingelheimer springen zum zweiten Mal für den HTC Bad Neuenahr in die Bresche.
2024 noch zu früh
Vermutlich nicht zum letzten Mal, denn am bei der Flutkatastrophe vor zwei Jahren völlig zerstörten angestammten Ort wird, wie die dortige Turnierdirektorin Annette Bartsch berichtete, auch nächstes Jahr noch kein Turnier in dieser Größenordnung stattfinden können. Generell gestalte sich der Wiederaufbau schwieriger und längerwierig als gedacht. „Das Problem ist nicht, dass wir kein Geld kriegen, sondern wir haben nicht genügend Menschen, die tun können, was zu tun ist.“ Es mangele an Handwerkern, und zahlreiche Einwohner seien angesichts des zähen Fortschritts müde und frustriert.
2025 allerdings wolle der HTC Bad Neuenahr wieder die Gastgeberrolle für die Deutschen Seniorenmeisterschaften übernehmen, sagte Bartsch. Bis dahin – und im Notfall auch noch länger – stehen die Ingelheimer gerne als Ausweichspielstätte zur Verfügung, versicherten Wolfgang Stähle für die Vereinsführung und Bürgermeisterin Eveline Breyer.
Und bis dahin hat sich dann vielleicht auch Klaus Kuhn in eine Verfassung gebracht, die ihn nicht nur als Grußwortsprecher, sondern als Teilnehmer befähigt. Er habe in seinem Leben schon etliche Sportarten ausgeübt, aber noch nie einen Tennisschläger in der Hand gehalten, räumte der Präsident des Sportbunds Rheinhessen ein, der sich vor allem als Handballer einen Namen gemacht hat. Was ihn optimistisch stimme: Auch der einstige (Weltklasse-)Handballer Bernhard Kempa habe nicht nur spät die Liebe zum Tennis entdeckt, sondern es darin bis zum Seniorenweltmeister gebracht. Die Tenniswelt darf gespannt sein.