Boykott trifft Semisorow nur halb
Mainz. Eigentlich hätte Alexander Semisorow in dieser Woche an den in Baku stattfindenden Militärweltmeisterschaft teilnehmen sollen. Weil aber in Aserbeidschan auch die Mannschaften von Russland und Belarus antreten, schloss sich das deutsche Verteidigungsministerium dem Boykott anderer Länder an und untersagte seinen Ringern die Reise ans Kaspische Meer.
„Das ist nicht so tragisch“, sagt der Bundesligaathlet des ASV Mainz 88. „Ich wäre zwar mitgefahren, hätte aber sowieso nicht starten können.“ Der Grund: Beim Rückrundenauftakt in Heilbronn hatte Semisorow sich bei seinem 10:2-Sieg gegen Ramazan Ramazanov an den Rippen verletzt; vermutlich war ein Knorpel in Mitleidenschaft gezogen worden.
Durch eine Behandlung lässt sich der Heilungsprozess nicht beschleunigen, der 88er muss abwarten. „Man sagt ja, die Zeit heilt alle Wunden“, sagt der 30-Jährige. In seinem Fall heißt das, dass er den 88ern wahrscheinlich erst in den Play-offs wieder zur Verfügung steht.
Ein wenig Unverständnis
Obwohl er in Baku nur als Zuschauer dabei gewesen wäre, trifft Semisorow die deutsche Absage. „Es ist schade, dass es so gekommen ist, denn es wäre mein letzter derartiger Einsatz gewesen, weil im nächsten Jahr meine Zeit bei der Bundeswehr endet.“ Grundsätzlich kann er die Entscheidung des Verteidigungsministeriums nachvollziehen, schließlich sei es schwer vorstellbar, gegen Soldaten aus Nationen anzutreten, die in der Ukraine einen Angriffskrieg führen.
Ein kleiner Rest an Unverständnis aber bleibt. „Ich finde es bedauerlich, dass die Politik noch einen so hohen Stellenwert im Sport hat.“
Vom Krieg ist Semisorow auch persönlich betroffen. Seit Anfang 2020 durfte er seine Familie in Russland nicht mehr besuchen. Erst war Corona der Grund, dann kam der Überfall auf die Ukraine. Schon zuvor hatten für Bundeswehrangehörige Reisebeschränkungen gegolten, lediglich für Sportler wurden Ausnahmen gemacht, doch auch die fielen mit dem russischen Einmarsch weg.