Dem Gegner neues Leben eingehaucht
Mainz. Was für ein Finale in diesem Abstiegskampfkrimi. Noch in der 90. Minute schien der FSV Mainz 05 die drei Punkte gegen den 1.FC Köln in der Tasche zu haben. Dann faustete Torwart Robin Zentner an einem Ball vorbei, prallte in der Luft mit Sargis Adamyan zusammen, Schiedsrichter Benjamin Brand pfiff Elfmeter, der auch der längeren Überprüfung standhielt. Florian Kainz verwandelte zum 1:1. Am Ergebnis änderte sich in der zehnminütigen Nachspielzeit nichts mehr, allerdings sah der Mainzer Außenverteidiger Phillipp Mwene noch eine Rote Karte, die einigermaßen überzogen daherkam.
Nach dem Schlusspfiff wirkten die Spieler beider Mannschaften enttäuscht über eine Punkteteilung, die zumindest an diesem Tag keiner weiterhalf. „So, wie die zweite Halbzeit gelaufen ist, hatten wir es nicht verdient zu gewinnen“, sagte Leandro Barreiro in einer ersten Stellungnahme am „Dazn“-Mikrofon.
Die Mainzer Fans auf der Westtribüne hatten vor der Partie mit ihrer Choreografie für das zur Bedeutung des Spies passende Ambiente gesorgt. Sie rollten eine riesige „12“ aus, flankiert von mehreren Hundert roten Fahnen und abgerundet mit dem Schriftzug „Wir stehen immer hinter Dir“. Es war die Fortsetzung der überall in der Stadt zu sehenden Solidaritätsbekundungen mit gewaltigeren Mitteln.
Erstmals etwas zu verlieren
Der Blick auf die Aufstellung steigerte die Zuversicht der Anhänger: Lediglich der gelbgesperrte Jae-sung Lee fehlte aus der Anfangsformation der vergangenen Wochen; in ersetzte Karim Onisiwo. Die zuletzt angeschlagenen Andreas Hanche-Olsen und Barreiro hingegen waren dabei.
An diesem 31. Spieltag hatten die Mainzer zum ersten Mal im sich zuspitzenden Abstiegskampf etwas zu verlieren. Nach dem Sieg des VfL Bochum am Freitagabend war klar, dass ein Punktverlust sie wieder auf den gerade erst verlassenen Relegationsplatz zurückwerfen würde. Und dieser Gedanke schien sie zunächst ein wenig zu lähmen, derweil die Kölner im Wissen um ihre wohl letzte Chance, die Hoffnung aufrechtzuerhalten von Beginn an Druck machten. Der FC spielte schnell nach vorne, lief an, die 05er agierten hektisch, taten sich schwer, Anspielstationen zu finden.
Eine Viertelstunde dauerte es, bis es Bo Henriksens Mannschaft gelang, sich zu befreien und selbst offensive Akzente zu setzen. Nadiem Amiri leitete einen Konter über Jonathan Burkardt ein und war auch der Abnehmer für dessen Flanke von der linken Seite. Der spielmachende Sechser nahm den Ball direkt, schoss aber Max Finkgräfe an. Immerhin war dies die Szene, von der an die Mainzer im Spiel waren. Sepp van den Berg scheiterte nach einer Ecke mit einem abgefälschten Schuss am stark reagierenden Marvin Schwäbe (20.).
Waldschmidt verschießt Strafstoß
Die Mainzer Führung resultierte aus einem Kölner Freistoß und einem diesmal perfekt vorgetragenen Schnellangriff: Amiri auf Burkardt, der kurz hinter der Mittellinie umgehauen wurde. Schiedsrichter Benjamin Brand hatte die Pfeife bereits zwischen den Zähnen, erkannte zum Glück für die 05er aber den Vorteil, der sich aus Onisiwos Ballbesitz ergab. Den Schrägschuss des Österreichers faustete Schwäbe nach vorne, in den Laufweg des heranstürmenden Barreiro, der aus elf Metern zum 1:0 traf (29.).
Vier Minuten später hatte Burkardt nach dem nächsten Konter die Erhöhung auf dem Fuß; die Flanke von Brajan Gruda nahm er vor dem Fünfmeterraum mit der Brust an, den schwer zu nehmenden Aufsetzer aber jagte er, bedrängt von Denis Huseinbasic hoch übers Tor.
Die zweite Halbzeit begann für die 05er denkbar ungünstig: mit einem dummen, weil völlig unnötigen Foul von Anthony Caci an Faride Alidou, der gerade im Begriff war, den Strafraum seitlich zu verlassen – doch sie fand eine glückliche Fortsetzung: Luca Waldschmidt setzte den nach einigen Dribbelschritten fast aus dem Stand geschossenen Strafstoß rechts am Tor vorbei.
Eine Rote und zwei fünfte Gelbe
Danach wurde es ruppiger (was für Amiri und Gruda jeweils in die fünfte Gelbe Karte mündete) und hinten raus immer zerfahrener. Karim Onisiwo fiel nach einem Foul unglücklich auf die Hand und musste ausgewechselt werden, gegen Kotrainer beider Mannschaften gab es Gelbe Karten. Und die Mainzer mussten sich ankreiden lassen, dem Gegner neues Leben eingehaucht zu haben. „Wir dachten mit der Führung im Rücken, es würde schon irgendwie gehen, wir haben es nicht mehr geschafft, noch Druck auszuüben und Chancen zu kreieren und haben zu viele Zweikämpfe verloren“, hielt Barreiro selbstkritisch fest.
Robin Zentner vollbrachte noch zwei Großtaten, parierte unter anderem einen Schuss von Mark Uth, als er schon am Boden lag, aber einen Arm noch in die Höhe riss. Dann verursachte er den Strafstoß – und ein zweites Mal ließen die Kölner sich diese Chance nicht entgehen.