Vor dem ersten Ballwechsel entschieden
Mainz. Sabina Schmidbauer war sauer. Weniger wegen ihrer Niederlage, die Kräfteverhältnisse im Match gegen Astrid Cirotte waren so absehbar wie der gesamte Verlauf der Oberligabegegnung zwischen dem TSC Mainz und Blau-Weiß Homburg. Die Nummer drei der Gastgeberinnen ärgerte sich vielmehr über das Verhalten ihrer Gegnerin, die schon im ersten Spiel einen Punkt für sich reklamierte, „bei dem die Oberschiedsrichterin keine zwei Sekunden brauchte, um festzustellen, dass der Ball im Aus war“.
Die Diskussionen setzten sich im zweiten Spiel und kurz vor Schluss fort, was Schmidbauer gewaltig nervte. „So etwas hat sie doch gar nicht nötig“, sagte sie angesichts der Überlegenheit ihrer Kontrahentin und feuerte gleich noch eine Spitze in Richtung der Homburger Verantwortlichen ab. „Wenn sie schon so viel Geld ausgeben, sollten sie wenigstens vernünftige, faire Leute einkaufen.“
Über das Verhalten der beiden anderen ausländischen Akteurinnen der Gäste ließ sich freilich nichts Negatives sagen, außer dass sie im Paket für dafür sorgten, dass die Begegnung schon vor dem ersten Ballwechsel entschieden war. „Mit unserer Aufstellung haben wir gegen eine solche Mannschaft keine Chance“, kommentierte Babak Momeni die 0:9-Niederlage. „Wir hätten auch in Bestbesetzung keine gehabt.“
„Vereine wie wir fahren gegen die Wand“
In diesem Fall wäre es womöglich Hannah Müller-Vradelis, die ebenso wie Magdalena Böhmer fehlte, gelungen, ein Einzel zu gewinnen. An der Gesamtsituation hätte das nichts geändert. Und die empfanden die TSC-Spielerinnen und ihr Trainer als frustrierend. „Das ist völlig sinnlos“, sagte Momeni, „wenn Vereine, die keinen eigenen Nachwuchs haben, aber Geld, unbegrenzt viele Ausländerinnen einsetzen dürfen, fahren Vereine wie wir, die auf gute Jugendarbeit setzen, gegen die Wand.“
Eine Entwicklung, die in den vergangenen Jahren zugenommen und sich auch auf untere Ligen übertragen hat. Den Mainzerinnen war es in der vorigen Saison gelungen, ausschließlich mit eigenen Kräften Verbandsligameister zu werden, „dazu hat uns Bürgerweide Worms explizit gratuliert“, sagte Christina Manß am Samstag. Ein Jahr zuvor war das Team ohne externe Unterstützung aus der Oberliga abgestiegen.
Erheblichen Widerstand geleistet
Einen erneuten Abstieg wollen die Verantwortlichen nach Möglichkeit vermeiden, weshalb Momeni für den zweiten Spieltag die Französin Chloé Cirotte engagierte – was zu einem Kuriosum führte: Schmidbauers Gegnerin Astrid Cirotte ist ihre Schwester, die sich während ihres Matches auch nach dem Zwischenstand auf den benachbarten Platz erkundigte und nicht glücklich wirkte, als sie erfuhr, dass ihre Mannschaftskameradin Ivana Sebestova das Spitzeneinzel gewinnen würde.
Chloé Cirotte leistete der Tschechin in einem attraktiven Duell erheblichen Widerstand, vermochte gegen deren Schlaghärte und -präzision beim 2:6, 1:6 unterm Strich jedoch nichts auszurichten. „Sie hat uns erzählt, ihre Schwester sei die bessere von beiden“, sagte Christina Manß. „Und die spielt bei Homburg an drei, Chloé bei uns an eins. Das sagt eigentlich alles über unsere Chancen heute aus.“ Im Doppel standen die Französinnen einander übrigens gegenüber, die Kombination Cirotte/Barnstedt unterlag Sebestova/Cirotte mit 1:6, 1:6.
„Das hat sich angefühlt,
als hätte ich gegen mich selbst verloren“
Manß war die einzige TSClerin, die in ihren Sätzen jeweils mehr als zwei Spiele gewann. Was ihr beim 3:6, 3:6 gegen Sophie Schäfer für einen möglichen Erfolg fehlte, war Geduld. Je länger die Ballwechsel dauerten, desto geringer die Wahrscheinlichkeit, dass die Punkte an die Mainzerin gingen. Von ihrer Gegenüber gingen wenig Aktionen aus, Schäfers Fokus lag darauf, Bälle zu erlaufen und (gerne sehr hoch) im Spiel zu halten – bis Manß den Punkt erzwingen wollte, was zu oft mit einem Fehler endete. „Meine Gegnerin hat ja kaum eigene Punkte gemacht“, merkte sie an, „das Match hat sich angefühlt, als hätte ich gegen mich selbst verloren.“
Als sehr krass empfand sie den Unterschied zu ihrem Verbandsligaeinsatz in der Dritten Mannschaft eine Woche zuvor. „In Ludwigshafen habe ich 6:0, 6:0 gegen einer Gegnerin mit LK 17 gewonnen, die von heute hat 2,1.“ Sie selbst liegt mit LK 8,4 dazwischen, schien allerdings nicht so weit von der Homburgerin entfernt. „Christina hätte sich mehr Zeit nehmen sollen, die Ballwechsel auszuspielen“, sagte Mannschaftskollegin Ira Schmid, die bei ihr auf der Bank saß und für die Doppel einstieg. „Wenn ich an ihrer Stelle gewesen wäre, hätten wir den Matchball gegen Mitternacht gehabt.“