Den Soundtrack liefert Rio Reiser
Mainz. Robin Zentner dachte eine Weile nach, bevor er die Frage beantwortete, ob er sich von seinen Vorderleuten alleingelassen gefühlt habe. Dann nahm er sich mit in die Verantwortung: „Wir haben uns gegenseitig das Leben nicht so leichtgemacht“, sagte der Torhüter des FSV Mainz 05 nach der 0:4-Niederlage gegen den FC Bayern München im DFB-Pokal. „Trotzdem kann man keinem Einzelnen einen Vorwurf machen. Alle wollten, aber wir haben es nicht umgesetzt bekommen.“
Zum neunten Mal innerhalb von zwölf Jahren sind die Mainzer nicht über die zweite Runde des Wettbewerbs hinausgekommen. Verglichen mit manchem früheren Scheitern hätten sie sich zwar damit trösten können, dass es weniger peinlich ist, die Segel gegen die Bayern zu streichen als gegen einen Zweit-, Dritt- oder Regionalligaklub, was oft genug vorgekommen war. Schmerzlindernd wirkte dieses Wissen freilich nicht.
„Eine solche Niederlage ist für mich die Höchststrafe“, sagte Linksverteidiger Phillipp Mwene. „Ein schlimmeres Gefühl, als so zu verlieren und so chancenlos zu sein, gibt es nicht.“ Auf dem Plan, mit dem seine Mannschaft ins Spiel gegangen war, habe an oberster Stelle gestanden, möglichst lange die Null zu halten – nach 90 Sekunden hatte sich das erledigt. Serge Gnabry, Harry Kane und Torschütze Jamal Musiala nahmen die Mainzer Abwehr auseinander.
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Vidovic' unglückliches Debüt
Nicht gut genug, nicht gemeinschaftlich verteidigt zu haben, nannte Bo Henriksen als wesentlichen Kritikpunkt der Anfangsphase. „Wenn nicht alle mitmachen, haben wir im Eins-gegen-eins Probleme.“ Erst recht, wenn die Bayern im Sechzehner auf engem Raum Überzahl herstellten und mit ein, zwei Erstkontakten ihre Gegenspieler düpierten.
In der Offensive hatte sich der 05-Trainer für Armindo Sieb anstelle des verletzten Jonathan Burkardt als Spitze entschieden, dahinter brachte er neben Paul Nebel den wie Sieb von den Bayern ausgeliehenen Gabriel Vidovic. Dem 20-Jährigen hätte man ein angenehmeres Debüt im Mainzer Trikot gewünscht; gegen die Kanten in der Münchener Innenverteidigung sah er 45 Minuten lang kein Land, bevor Henriksen ihn erlöste.
„Für die beiden auf den Halbpositionen war es ein sehr anspruchsvolles Spiel“, nahm Sportdirektor Niko Bungert die Akteure in Schutz. „Sie hatten immer einen Mann im Rücken, der Druck gemacht hat. Ich finde es schwierig, dieses Spiel als maßgebliche Bewertungsgrundlage zu nehmen.“
Des Schlechten zu viel
Mitten hinein in die einzig gute Phase der Gastgeber im ersten Durchgang, als sie ihren größten Beitrag dafür leisteten, wenigstens mit einem Ballbesitzanteil von 20 Prozent in die Pause zu gehen und den Eindruck erweckten, mitspielen zu können, fiel das 0:2. Doppelt ärgerlich, weil der abstaubende Musiala im Abseits stand – Pech für die Mainzer, dass es den Videobeweis im Pokal erst von der dritten Runde an gibt. Zwei weitere Treffer in der Nachspielzeit der ersten Halbzeit zu kassieren, war allerdings des Schlechten zu viel.
Niko Bungert verwies auf die individuellen Qualitäten des Münchener Ensembles, Phillipp Mwene hingegen mochte das nicht als Entschuldigung durchgehen lassen. „Die Tore sind zu einfach gefallen, wir haben die Männer nicht aufgenommen und sind nicht mitgelaufen.“ Obendrein sei das Team an diesem Tag zu schlecht am Ball gewesen, habe zu fehlerhaft agiert. „Und je weniger Ballbesitz du hast, desto weniger Chancen kannst du kreieren. Wir können froh sein, dass die Bayern nachher einen Gang zurückgeschaltet haben.“
Mit nur sechs Siegen zum Titel
Zu den positiven Aspekten aus Mainzer Sicht gehörte neben Daniel Gleibers ordentlichem Profidebüt eine stabilere zweite Halbzeit, zu der Stefan Bell, als Abwehrchef für den angeschlagenen Moritz Jenz eingewechselt, beitrug. „Mit Ball war es aber weiterhin mau“, monierte Robin Zentner. „Wir hätten vielleicht ein, zwei Tore machen können, aber von vier waren wir weit entfernt.“
Den Torwart frustrierte es, mal wieder den Traum vom Pokaltriumph beerdigen zu müssen. „Das ist eine Chance auch für Mainz 05, mit sechs Siegen zu einem Titel zu kommen. Aber wir kriegen es nicht hin“, sagte Zentner und klang ein bisschen nach Rio Reiser: Die Mannschaft gebe nicht auf, sodern werde weiter daran arbeiten, dass der Traum Wirklichkeit wird. „Ich glaube nach wie vor daran, dass wir es schaffen können, sonst bräuchte ich gar nicht anzutreten. Leider müssen wir jetzt wieder sehr lange warten.“