Bundesliga | Peter H. Eisenhuth | 16.07.2022

Das Zentrum ist sein Terrain

NEUES AUS GRASSAU (5) | Angelo Fulgini fühlt sich als Zehner und Achter wohl. Dem Neuzugang des FSV Mainz 05 ist aber bewusst, dass er auch als Offensivkraft reichlich defensive Arbeit verrichten muss – und bietet schon mal eine Laufleistung von zwölf Kilometern pro Spiel an.
Angelo Fulgini (l.) sieht sich mit seiner Art des Fußballspiels in Mainz gut aufgehoben.
Angelo Fulgini (l.) sieht sich mit seiner Art des Fußballspiels in Mainz gut aufgehoben. | rscp-photo

Aus dem Trainingslager des FSV Mainz 05

berichtet Peter H. Eisenhuth

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Grassau. Bei einem Neuzugang, der die Nummer zehn tragen wird und auch in seinem vorherigen Verein die Nummer zehn trug, fragt man besser mal nach, für welche Laufleistung, für wie viele Kilometer er pro Spiel bereit ist. Also, Angelo Fulgini?

In der Presserunde am Samstagmittag übersetzt Nejmeddin Daghfous dem seit Dienstag beim FSV Mainz 05 unter Vertrag stehenden Franzosen die Frage von SPORTAUSMAINZ.de. Als Fulgini geantwortet hat, sagt Daghfous: „Zwölf kriegt er hin.“ Und dann nach einer Stunde auswechseln lassen? Fulgini lacht.

Der 25-Jährige weiß, worauf er sich einlässt. Zum einen habe Bo Svensson ihm in Telefongesprächen und Videocalls seine Philosophie und die des Vereins erläutert. Zum anderen hat sein bester Kumpel ihm in den vergangenen vier Jahren regelmäßig aus Mainz berichtet: Moussa Niakhaté, mit dem Fulgini einst beim FC Valenciennes eine Saison in der Jugend und drei Spielzeiten in der französischen Zweiten Liga kickte und dessentwegen er sich etliche 05-Spiele angeschaut habe.

Stärken im Eins-gegen-eins

„Moussa hat nur Gutes erzählt, das war mit ausschlaggebend dafür, dass ich nach Mainz gekommen bin.“ Wie auch die Dinge, die er mit dem Trainer besprochen habe, der ihm dargelegt habe, warum er gut in die Mannschaft passe. „Das Gesamtpaket hat mich überzeugt.“

Mit seinen Stärken im Eins-gegen-eins, mit seinen individuellen Qualitäten soll Angelo Fulgini – der Name klingt nicht von ungefähr italienisch, seine Großeltern väterlicherseits waren einst von Italien nach Frankreich ausgewandert – dem Mainzer Offensivspiel Impulse verleihen. Wohlwissend, dass am Bruchweg auch die Ideengeber, die Männer für den tödlichen Pass Defensivarbeit verrichten müssen.

Nach Gladbach durfte er nicht

Mit seinen Fähigkeiten sieht sich Fulgini bei den Rheinhessen gut aufgehoben, generell passe er als Spielertyp besser in die Bundesliga als nach England, weshalb er sich gegen einen möglichen Wechsel in die Premier League entschieden habe. Sollte er in Mainz so einschlagen, wie sich das die Verantwortlichen erhoffen, können diese sich bei der Klubführung des französischen Erstligisten SCO Angers bedanken. Die nämlich hatte es im Winter abgelehnt, Fulgini zu Borussia Mönchengladbach ziehen zu lassen. „Das Thema hat sich deshalb schnell zerschlagen.“

Dass sich Niakhaté just in diesem Sommer aus Mainz verabschiedet hat, sei nicht problematisch, sagt der neue Mann. „Es war für mich von Vorteil, dass er mit Tipps geben konnte, aber ich werde mich auch ohne Moussa integrieren.“

Seine wache, offene Art, die er in der Gesprächsrunde an den Tag legte, dürfte diesen Prozess beflügeln, und die gegenüber seinem bisherigen Klub veränderte Spielweise sollte ihm entgegenkommen. „In Angers haben wir tief gestanden und gekontert, hier verteidigen wir viel höher, stehen immer unter Strom, wollen direkt pressen.“

Höhere Intensität

Sollte Niakhaté ihm dies verschwiegen haben, so weiß Fulgini seit Mitte der Woche, dass die Intensität im Mainzer Training viel höher ist als in Angers. „Das habe ich seit der ersten Einheit gemerkt…“ Nachdem er im Test gegen Besiktas Istanbul am Freitagabend absprachegemäß noch nicht mitwirkte („Ich hatte ja erst drei Einheiten“) rechnet er mit ersten Minuten am Montagnachmittag gegen Newcastle United.

Der Eindruck, den er in Kufstein beim 0:1 gegen den türkischen Süper-Lig-Verein von seinem neuen Team gewann, war allem Anschein nach positiv. „Technisch ist die Mannschaft auf einem hohen Level“, sagt er, und die Mentalität, mit der die mit nur wenigen bisherigen Stammkräften besetze Mannschaft sich gegen einen deutlich reiferen Gegner wehrte, ließ keine Wünsche offen. „Und die meisten Spieler der A-Elf waren gar nicht dabei“, sagt Fulgini, „deshalb glaube ich, dass unsere Qualität noch höher ist.“

„Konkurrenz belebt das Geschäft“

Ob er für sich selbst dann noch einen Platz im Team sieht? „Ich hoffe es“, antwortet er und lacht, „dafür bin ich hier…“ Im Zentrum fühle er sich wohl, ob auf der Zehn oder Acht mache keinen Unterschied aus. „Das ist mein Terrain. Ob ich dann von hinten herausspiele oder hinter den Stürmern spiele, entscheidet der Trainer.“ Fulgini hat bereits festgestellt, dass die Konkurrenz auf diesen Positionen groß ist – und das nicht nur quantitativ. „Aber Konkurrenz belebt das Geschäft“, übersetzt Nej Daghfous. Gibt es diese Redewendung auch im Französischen? „Wir sagen es so ähnlich“, sagt Fulgini.

Die Sache mit der doppelten Staatsbürgerschaft stimmt im Übrigen nicht. Fulgini besitzt nur einen französischen Pass, aber keinen der Elfenbeinküste, was gerüchteweise im Umlauf war. Richtig sei, dass der ivorische Nationaltrainer Jean-Louis Gasset wie schon sein Vorgänger Patrice Beaumelle angefragt habe, ob er nicht auch für das afrikanische Land spielen wolle. Bislang verneinte der Neu-Mainzer diese Frage.

Der Grund: „Ich bin dort nur geboren“ – zu der Zeit, als sein Vater dort als Soldat stationiert war. Fulginis Mutter stammt aus Neukaledonien, „ich habe also keine Bezugspunkte zum Land. Deshalb ist es für mich kompliziert, eine solche Rolle einzunehmen“.

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