„Ich werde etwas anders wahrgenommen“
Aus dem Trainingslager des FSV Mainz 05
berichtet Peter H. Eisenhuth.
Schladming. Merveille Papela ist neben Nelson Weiper und Lasse Rieß einer von jetzt schon drei in Mainz geborenen beziehungsweise in Rheinhessen aufgewachsenen Fußballern im Bundesligakader des FSV Mainz 05. Der heute 22-Jährige kam 2011 aus der Jugend des TSV Schott ins Nachwuchsleistungszentrum am Bruchweg, bestritt unter anderem 36 Spiele in der A-Junioren-Bundesliga und zwölf Partien für die deutsche U-17-Nationalmannschaft.
Für die Mainzer U23 kam Papela in 50 Regionalligaspielen zum Einsatz, sein Bundesligadebüt gab er Anfang Januar 2021 mit einer späten Einwechslung beim 2:5 in München, dem einzigen Spiel, in dem Jan Siewert an der Seitenlinie stand, bevor Bo Svensson übernahm. Der schickte Papela in der vorvergangenen Spielzeit fünfmal in der Liga und einmal im DFB-Pokal aufs Feld – zu wenig für einen jungen, ambitionierten Kicker, um sich weiterzuentwickeln.
Die einjährige Leihe an den SV Sandhausen war daher ein verständlicher Schritt und einer, der Papela vorangebracht hat. Jetzt will der Rückkehrer sich trotz der starken Konkurrenz im Mittelfeld bei den 05ern durchsetzen, wie er in den Übungseinheiten während des Trainingslagers demonstriert und im Gespräch mit SPORTAUSMAINZ.de bekräftigt.
Herr Papela, am Dienstag steht das Testspiel gegen den FC St. Gallen an. Ist das für Sie eine willkommene Abwechslung?
Ja, Trainingslager-Testspiele sind immer etwas Besonderes, vor allem, da wir nur ein Spiel haben, um die Woche hoffentlich positiv abzurunden.
Nur ein Spiel zu absolvieren macht ein Trainingslager noch etwas anstrengender, als es ohnehin ist, oder?
Genau. Dann sind die Trainingseinheiten intensiver, der Coach kann etwas mehr hineinpacken als vor einem Jahr, als wir zweimal gespielt haben.
Sind Sie ein Freund von Trainingslagern, oder freuen Sie sich auf die Abreise am Mittwoch?
Ich muss ehrlich sagen, ich bin froh, wenn wir abreisen. (lacht) Aber Trainingslager gehören dazu, um fit zu sein, wenn die Saison beginnt.
Ist es vor allem körperlich anstrengend oder eher mental, immer auf dem höchsten Aufmerksamkeitslevel zu sein?
Am Anfang denke ich immer, es ist körperlich anstrengend – aber nach zwei Tagen kommt das mentale dazu. Wenn der Körper sagt, er kann nicht mehr, geht es darum, trotzdem da zu sein, den inneren Schweinehund zu überwinden. Dann spielt auch der Kopf mit hinein.
Dieser Punkt kommt garantiert?
Im Trainingslager immer, tatsächlich manchmal schon nach dem zweiten Tag. Und dann tut so eine kleine Pause, wie wir sie am Samstag fürs Teambuilding hatten, sehr gut.
Wobei das Canyoning, wie man so hört, auch einigermaßen anstrengend war.
Das stimmt, vor allem war es sehr, sehr kalt. Aber es hat Spaß gemacht.
Für Sie ist es eine etwas besondere Situation: Sie sind nach einem Jahr aus Sandhausen zurückgekehrt. Hat sich in der Mannschaft oder auch im Training viel verändert?
Ich habe das Gefühl, das ich einerseits die Abläufe besser kenne und andererseits vom Trainerteam etwas anders wahrgenommen werde. Nicht mehr als der junge Spieler aus dem Nachwuchs, sondern als einer, der ein bisschen Erfahrung aus der Zweiten Liga mitbringt. Das freut mich.
Was hat die Saison beim SV Sandhausen Ihnen gebracht?
Sehr viel Spielpraxis auf hohem Niveau. Gerade im Vergleich zum Jahr davor, als ich in Mainz in der Regionalliga gespielt hatte. Die Zeit in Sandhausen hat mir sehr viel gebracht, der Trainer hat auf mich gesetzt, ich hatte viele Einsätze über 90 Minuten. Das ist natürlich etwas ganz anderes, das bringt einen jungen Spieler voran.
Alle beiden Trainer…
Wir hatten sogar drei Trainer: Alois Schwartz, Thomas Oral und am Schluss noch Gerhard Kleppinger.
Was waren die Unterschiede?
Jeder Trainer ist individuell. Der eine Trainer setzt mehr auf Defensive, der andere mehr auf Offensive. Damit muss man als Spieler umgehen.
Ohne Verletzungspausen wären Sie wahrscheinlich durchgehend Stammspieler gewesen. Wann immer Sie fit waren, standen Sie in der Anfangself.
Es ging für mich schon sehr gut los. Ich kam ja erst eine Woche vor Transferende dort an, in der Zweiten Liga waren schon fünf Spieltage absolviert, aber ich durfte gleich von Anfang an ran. Dieses Vertrauen, das der Trainer mir geschenkt hat, hat mir sehr gutgetan. Das hat sich auch in meinen Leistungen widergespiegelt. Dann kam die Verletzung, aber zum Glück konnte ich am Ende noch mal drei, vier Spiele machen. Das ist immer besser, um positiv in die Saisonvorbereitung zu gehen, als nur noch zuschauen zu können.
Wie war es denn vor einem Jahr für Sie, als die Ausleihe nach Sandhausen anstand? War das auch Ihr eigener Wunsch? Oder empfanden Sie das als Aufbruch ins Ungewisse?
Ich wollte auf höherem Niveau spielen. Der Trainer hat mir gesagt, dass, wenn ich bleibe, ich wahrscheinlich nur geringe Einsatzzeiten bekommen könne. Also haben wir versucht, eine Alternative zu finden, ich war der Meinung, dass Sandhausen die beste Möglichkeit wäre, um Woche für Woche Spielzeit zu sammeln. Im Nachhinein war es, glaube ich, die beste Entscheidung gewesen.
Die Saison ist nicht gut geendet. War es für Sie schwierig, damit umzugehen? Hat der Abstieg Sie noch lange beschäftigt?
Ja, es war mein erster Abstieg, so eine Situation hatte ich noch nicht erlebt, und ich habe schon gut zwei Wochen gebraucht, das zu verarbeiten. Und dann kommst Du als Absteiger nach Mainz…
…sagen wir mal so: Sie sind nicht alleine. Sepp van den Berg und Tom Krauß ist es mit Schalke nicht besser ergangen.
(lacht) Das stimmt. Letztlich liegt der Fokus dann aber auf der persönlichen Entwicklung.
Das heißt, es überwiegt das Positive im Negativen.
Genau. Es wäre frustrierender gewesen, wenn wir abgestiegen wären und ich nicht viel gespielt hätte.
Ich nehme an, die Intensität in den Übungseinheiten hier ist höher als in Sandhausen.
In allen Belangen. Im Training und in den Spielen. Den Unterschied zwischen Erster und Zweiter Liga hat man ja in der Relegation zwischen dem VfB Stuttgart und dem HSV gesehen, als Hamburg keine Chance hatte.
Wie nehmen Sie die Konkurrenzsituation im Mainzer Mittelfeld wahr? Mit Dominik Kohr, Anton Stach, Leandro Barreiro, Ihnen und Tom Krauß streiten sich fünf Leute um maximal drei Plätze. Hoffen Sie, dass noch einer geht?
(lacht) Das wäre theoretisch natürlich gut für mich und andere, die um die Plätze kämpfen. Aber ich hatte ja auch ein Gespräch mit dem Trainer, dem meine Entwicklung in Sandhausen sehr gut gefallen hat und der mich gerne wieder hier sehen wollte. Deswegen bin ich zurückgekommen. Und nach dem Trainingslager müssen wir schauen, wie es weitergeht. Ich will ja spielen, deshalb würde es mir nichts bringen, wenn ich wieder nur auf der Bank säße.
Bo Svensson ist in Gesprächen mit Journalisten sehr klar in seiner Spieleranalyse. Sagt er Ihnen auch ganz deutlich, worin Sie besser werden müssen?
Wir bekommen immer Feedback vom Trainer. In diesem Trainingslager haben wir noch nicht über Grundsätzliches geredet, aber hinterher suche ich noch mal das Gespräch mit ihm, um zu sehen, in welche Richtung es geht, wie er mich sieht, ob es reicht oder nicht.
Wo sehen Sie sich denn positionsmäßig? Nur im Mittelfeld oder theoretisch auch hinten rechts?
Im Mittelfeld fühle ich mich am wohlsten, aber rechts hinten kann ich auch spielen.
Von der Herangehensweise im Mittelfeldfeld sind Sie ein Typ wie Barreiro, oder? Ein aggressiver, defensiver Spieler, der aber auch Tore schießen kann, wie Sie schon in der U23 bewiesen haben.
Ich würde mich als sehr dynamischen Spieler einschätzen, gegen den Ball sehr aggressiv, ich gewinne eigentlich sehr viele Zweikämpfe. Und, wie Sie sagen, in der U23 habe ich auch viele Tore geschossen.
Abgesehen von der Position haben Sie einen nahezu identischen Werdegang wie Lasse Rieß.
Das stimmt. Ich war ein Jahr früher bei Mainz 05, in der Schule waren wir von der fünften Klasse an zusammen, und gemeinsam haben wir auch im Verein viel hinter uns gebracht.
Habt ihr euch in der Zeit auch gegenseitig gepuscht?
Ganz klar. Es ist etwas Schönes, wenn der Trainer in der U14 sagt, dass es aus dem Kader vielleicht einer oder zwei in die Erste Liga schaffen – und man sieht in den nächsten Jahren, dass nicht nur du, sondern auch ein Freund von dir den Weg geht. Und mit uns haben es auch noch Niklas Tauer und Erkan Eyibil geschafft, der inzwischen in der Türkei spielt.