Sprechchöre von der Gegengeraden
Mainz. Zu einer Zeit, da der Bruchweg seinem Namen noch alle Ehre machte, sich an Wochenenden kaum mehr als 3000 Zuschauer auf die eine Art Stadion simulierenden breiten Tribünenstufen verirrten und eine Aschenbahn den Rasen umgab, drehte ein Mann vor jedem Heimspiel des FSV Mainz 05 seine Runde durch den roten Staub. Stets im Uhrzeigersinn, stets freundlich lächelnd und den Gästen zuwinkend, mochten die Zeiten auch noch so schwer sein. Und getreu dem Sprichwort, dass es aus dem Wald herausschallt, wie man hineinruft, wurde er auf seinem Gang an der Gegengeraden vorbei von Sprechchören getragen: „Peeter Arens, Peeter Arens…“
Es waren die ganz frühen 90er Jahre, in denen der Mann, der nicht mit kurzen Hosen und Stollenschuhen über den Platz lief, sondern gutgekleidet die Honneurs bei den einfachen Fans machte, Kultstatus erlangte. Vielleicht, weil er in seiner Funktion als Vizepräsident des Klubs auch die Transfergeschäfte leitete bis Christian Heidel Manager wurde und wegweisende Verpflichtungen wie die von Jürgen Klopp tätigte – wobei 1990 noch niemand ahnen konnte, wohin dessen Weg noch führen würde.
Vielleicht hingen die Huldigungen auch damit zusammen, dass Arens einer derjenigen war, die den Verein Ende der 80er Jahre vor dem Untergang bewahrt hatten. Zunächst engagierte er sich als Gründer des VIP-Clubs, und die wenigsten Geschäftsleute in Mainz, die er, ausgestattet mit zwei Gläsern und einem Pikkolo, aufsuchte, konnten seinem Charme widerstehen. 1980 wurde er erstmals in den Vereinsvorstand gewählt, acht Jahre später zum Vizepräsidenten (der er bis 2017 blieb) des jungen Harald Strutz, als die 05er finanziell am Abgrund standen. Die neue Führungscrew musste betteln gehen – auch dafür war sich der Edelcoiffeur mit seinem Salon und angeschlossener Parfümerie auf der Großen Bleiche nicht zu schade.
Ganz sicher aber hatte Peter Arens sich seinen Weg in die Herzen der Fans dank seiner ehrlichen, humorvollen Art gebahnt. „Er ist die gute Seele des Vereins“, sagte Vereinschef Stefan Hofmann anlässlich der Verleihung der Ehrenmitgliedschaft an die langjährige Vorstandscrew im Oktober vorigen Jahres. „Er hat sofort die Brücke zu uns geschlagen, sein Verein geht ihm über alles. Ohne Vorurteile, ohne Eitelkeiten.“
Legendär waren Arens‘ Geschichten aus alten Tagen. Wenn er beispielsweise erzählte, wie er 1988 nach Sofia gereist war, um den bulgarischen Stürmer Petar Kurdov nach Mainz zu lotsen. Mit 50.000 D-Mark unterm Hemd. Ob die gut angelegt waren, war eine andere Frage. Kurdov schoss beim einjährigen Zweitligaintermezzo der 05er zwei Tore, danach war er wieder weg.
Legendär waren auch seine ironischen Kommentare nach wenig ruhmreichen Auftritten der Mannschaft. „Die habbe mir ganz schön an die Wand gespielt“, war ein solcher, nachdem sich die Erstligaprofis 2011 unter Thomas Tuchel im Pokalspiel gegen den SV Niederauerbach in Homburg zu einem 2:1 nach Verlängerung gerumpelt hatten.
Und nicht zu vergessen: Wenn bei offiziellen Anlässen in unzähligen Ansprachen oftmals das Gleiche, nur in anderen Worten gesagt wurde, beschränkte sich Peter Arens als letzter Redner auf einen Satz. Auf den alle warteten: „Das Büffet ist eröffnet.“
Peter Arens ist am Dienstag im Alter von 83 Jahren an den Folgen einer Krebserkrankung gestorben.