Bundesliga | Peter H. Eisenhuth | 30.09.2020

05er wollen keinen Rechtsstreit

Stefan Hofmann und Jan Lehmann, Vorsitzender und kaufmännischer Chef des FSV Mainz 05 stellen sich hinter Sportvorstand Rouven Schröder. Im Umgang mit dem zur U23 verbannten Ádám Szalai sehen sie den Verein im Recht, hoffen aber auf eine außergerichtliche Einigung.
05-Vorsitzender Stefan Hofmann (l.) und der kaufmännische Vorstand Jan Lehmann hoffen, dass der Scherbenhaufen schnellstmöglich zusammengekehrt ist.
05-Vorsitzender Stefan Hofmann (l.) und der kaufmännische Vorstand Jan Lehmann hoffen, dass der Scherbenhaufen schnellstmöglich zusammengekehrt ist. | Eva Willwacher

Mainz. In derart stürmischen Zeiten, wie sie gerade der Bundesligastandort Mainz erlebt, macht es stutzig, wenn zu einer Pressekonferenz – der ersten des FSV Mainz 05 mit physischer Präsenz aller Beteiligten seit Mitte März – alle drei Vorstandsmitglieder angekündigt sind, aber nur zwei erscheinen. Und wenn es sich beim fehlenden dritten Mann ausgerechnet um Rouven Schröder handelt, den in der vorigen Woche heftig in die Kritik geratenen Manager. Etwaigen Spekulationen aber setzte Mediendirektor Tobias Sparwasser am Mittwochnachmittag ein rasches Ende. Schröder fehle „aufgrund dringender Verpflichtungen in seinem Kerngeschäft“, berichtete er.

Das Transfergeschäft für die Rheinhessen wird Schröder auch weiterhin betreiben, um seinen Job muss er nicht fürchten. „Wir glauben, dass Rouven für Mainz 05 ein sehr guter Sportvorstand ist“, sagte Vereins- und Vorstandsvorsitzender Stefan Hofmann jetzt. Ungeachtet der Kommunikationsfehler, die rund um die Themen Gehaltsverzicht, Ádám Szalai und Spielerstreik gemacht worden waren und die der Verein bereits eingeräumt hatte, stelle sich die Frage nach einer Entlassung des Sportvorstands nicht.

Für einen solchen Schritt wäre zwar nicht Hofmann selbst, sondern der Aufsichtsrat zuständig. Angesichts der von Tobias Sparwasser betonten Einigkeit in den Gremien ist aber davon auszugehen, dass der Hofmann auch für Aufsichtsratschef Detlev Höhne sprach.

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„Kein Alleinherrscher“

„Rouven Schröder ist kein Alleinherrscher“, sagte Hofmann. „Wenn er eine Entscheidung trifft, braucht er eine zweite Unterschrift von Jan Lehmann oder mir, sprich, eine Vorstandsmehrheit.“ Die hatte der Manager demzufolge im November vorigen Jahres bei der Trennung von Sandro Schwarz ebenso wie bei der Verpflichtung des am Montag wieder geschassten Achim Beierlorzer. „Solche Entscheidungen werden nicht aus dem Bauch heraus getroffen, sondern erfolgen nach intensiven Diskussionsprozessen.“

Dass Hofmann und Höhne sich nach dem Streik der Gespräche mit den Spielern annahmen, habe nichts mit einer „Entmachtung“ Schröders zu tun, wie in manchen Medien berichtet worden sei. „Aber dieser Streik hat den Profifußball verlassen und eine andere Dimension erreicht“, begründete der Vorstandschef. „Er hat den Verein in seinen Grundfesten erschüttert.“ Deshalb sei nicht mehr nur der Sportvorstand gefragt gewesen.

Nachdenken müsse man allerdings über neue Strukturen, die Schröder in seiner Arbeit entlasteten. „Rouvens Verantwortungsbereich ist riesengroß, er steht von morgens um sechs bis nachts um zwölf unter Strom und marschiert“, sagte Hofmann. „Er deckt vom Nachwuchsleistungszentrum bis zu den Profis alles ab, er will auch in der Kabine dabei sein.“ Dieses Aufgabenspektrum zu bewältigen, sei schwierig.

„Spieler entlassen keinen Trainer“

Was den Fall Szalai betrifft, widersprach Hofmann der Annahme, die Mannschaft habe nur aus Solidarität mit dem Ungarn am vorigen Mittwoch das Training verweigert. Dessen Versetzung in die Zweite Mannschaft sei der Auslöser gewesen, aber nicht der alleinige Grund. Vielmehr sei innerhalb des Kaders eine „schwelende Unzufriedenheit“ auszumachen, die „mit vielen kleinen Themen unter dem großen Stichwort Kommunikation“ zu tun habe.

Eine (vermutlich nicht geringe) Rolle spielten auch die Unzufriedenheit mit und die Zweifel an Achim Beierlorzer. „Die Spieler entlassen bei uns keinen Trainer“, betonte Stefan Hofmann zwar – doch dass es nach dem Streik nicht in dieser Konstellation weitergehen konnte, dürfte außer Frage gestanden haben.

Zu den Hintergründen für Ádám Szalais Suspendierung äußerten sich die beiden Vorstandmitglieder nicht. Das sei Sache der sportlich Verantwortlichen gewesen, also Schröder und Beierlorzer, nach deren Einschätzung der Stürmer in Mainz keine Perspektive mehr habe. Inwieweit andere Dinge im Hintergrund mit hineinspielten, könne er nicht beurteilen, antwortete Hofmann auf die Frage, ob Szalai mehrmals die Kompetenz des Trainers angezweifelt habe.

„Halten uns an Verträge“

Rein rechtlich sei es in Ordnung, einen mit einem Profivertrag ausgestatteten Spieler in der Zweiten Mannschaft einzusetzen, führte Jan Lehmann aus. Musterverträge sähen diese Möglichkeit vor, wenn die U23 mindestens in der Regionalliga spiele, der Trainer über eine Fußballlehrerlizenz verfüge und das Team in Mannschaftsstärke trainiere – all dies sei in Mainz der Fall.

„In Stuttgart gibt es einen, der eine solche Versetzung klaglos hinnimmt“, verwies Lehmann auf den ehemaligen Nationalspieler Holger Badstuber. Und Szalais Versuch, vor Gericht eine einstweilige Verfügung zu erwirken, sei gescheitert.

Das seltsame Angebot, Szalai einen Trainingsplan für zu Hause zu schreiben, von dem Beierlorzer vorige Woche erzählt hatte, war laut Lehmann „wohl eher ein Angebot, damit er die Zeit nutzen konnte, sich einen neuen Verein zu suchen“. Zu keinem Zeitpunkt habe es die Stoßrichtung gegeben, den Spieler aus dem Verein zu werfen, versicherte Hofmann. „Wir halten uns an geschlossene Verträge.“ Deshalb sei es sowohl denkbar, dass Szalai 05er bleibe, als auch, dass es zu einer Vertragsauflösung komme.

Einen Rechtsstreit wolle der Klub vermeiden, in Szalais Sinne sei eine solche Auseinandersetzung wahrscheinlich genauso wenig. „Bei der Geschichte gibt es nur Verlierer“, sagte Hofmann. „Jetzt ist es an der Zeit, nach vorne zu gucken und zu versuchen, den Scherbenhaufen zusammenzukehren.“

 

Siehe auch: Kommunikations- oder Informationsdefizit?

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