Kopfklammern und alte Schule
Mombach. Den Einzug ins Viertelfinale der Deutschen Mannschaftsmeisterschaft endgültig klarzumachen, war für den ASV Mainz 88 gegen den SV Johannis Nürnberg nur Formsache. Zum einen hatten den Auswärtskampf bereits mit 20:9 gewonnen, zum anderen traten die Gäste in Mombach mit einer B-Mannschaft an und setzten im Aserbeidschaner Ibrahim Nurullayev lediglich einen Ausländer, dafür aber sechs selbst ausgebildete Ringer ein.
Unterm Strich kamen sie damit auf minus zwei Ringerpunkte – erlaubt sind 28. „Ich hatte eine andere Nürnberger Mannschaft erwartet“, räumte Davyd Bichinashvili nach dem 26:8-Sieg ein. „Als das Wiegen vorbei war, wusste ich, dass wir mindestens sieben Kämpfe gewinnen.“ Die Aufstellung des Gegners sei jedoch nicht sein Problem, sagte der Mainzer Trainer. Er habe sein Team so zusammengestellt, dass es auch gegen in Bestbesetzung angetretene Franken gewonnen hätte.
Ein offener Kampf
Dabei hatten auch er nicht alle Register gezogen, sondern in Elcin Ali ebenfalls nur einen internationalen Topmann aufgeboten, dazu den Polen Mateusz Wolny, der allerdings auch einen deutsche Pass besitzt, und sich mit 15 Ringerpunkte begnügt. Doch dank der starken deutschen Achse hätte das in jedem Fall gereicht.
Sieben Siege hatte Bichinashvili fest eingeplant, ebenso die Niederlagen von Fabian Pelzer im Greco-Fliegengewicht gegen Nurullayev und von Ibro Cakovic gegen den Ex-88er Tim Müller. Offen war nach seiner Einschätzung nur das Duell im Greco-Leichtgewicht zwischen Ali und Deniz Menekse, der in dieser Klasse alle fünf bisherigen Saisoneinsätze 4:0 gewonnen hatte.
Tatsächlich entwickelte sich dieser Kampf zum knappsten und zu einem der spektakulärsten der gesamten Begegnung. Beide Athleten waren heiß, Uwe Manz musste sie mehrfach zurückpfeifen, weil sie sich schon verhakt hatten, ehe der Mattenleiter das Geschehen freigegeben hatte. Es ging verbissen zu, teilweise ruppig. „Beide wollten gewinnen und haben Kampfgeist gezeigt“, kommentierte Bichinashvili das Geschehen.
Faust ins Gesicht
Menekse kassierte in der ersten Runde eine Zwei-Punkte-Verwarnung wegen eines Kopfstoßes, Ali wurde nach der Pause in gleicher Höhe bestraft, weil er seinen Gegner nach dem Signal zum Trennen noch einen Schubser mitgegeben hatte. Allerdings provozierte der Nürnberger die Reaktion auch, weil er seine Kopfklammern nicht löste, wenn Manz den Kampf unterbrach.
Ali berichtete seinen Teamkollegen später, Menekse habe ihm im Schutze des Clinchs sogar mit der Faust ins Gesicht geschlagen; rote Flecken sprachen für diese Aussage.
Das Duell bot aber auch zahlreiche ringerische Höhepunkte. Ali hob seinen Kontrahenten vor der Pause aus der Bodenlage zweimal aus, warf ihn und erhöhte in der zweiten Runde auf 11:3. Doch Menekse punktete ebenfalls und verkürzte, auch dank der Verwarnungsstrafe, zum Endstand von 7:11.
Etka Sever setzt die Schleuder ein
Alle übrigen Mainzer Siegringer steuerten mindestens drei Mannschaftspunkte zum Gesamtergebnis bei. Mit einer Schleuder, „die alte Schule“, wie er selbst sagte, beförderte Etka Sever seinen Gegner im Greco-Halbschwergewicht schon nach 18 Sekunden auf die Matte und sofort in die gefährliche Lage. Erkan Celik wehrte sich noch über eine halbe Minute, konnte die Schulterniederlage aber nicht verhindern. „Das hat Etka gleich gut gemacht“, lobte Bichinashvili. „Das hatte ich so nicht erwartet.“
Etwas mehr Zeit ließ sich Ruhullah Gürler im Greco-Weltergewicht. Er verdiente sich am Boden mit einem Überwurf per Kopfbrustklammer eine Viererwertung und führte zur Pause bereits 9:0. Die baute er auf 13:0 aus, stand kurz vor einem technisch überlegenen Punktsieg, krönte seine Leistung aber nach viereinhalb Minuten ebenfalls mit einem Schultersieg.
Im Freistil-Federgewicht konnte Ashot Shahbazyan seine Kraft besser einsetzen als vor Wochenfrist eine Gewichtsklasse höher. Als er Maximilian Gerlach zum dritten Mal zu Boden brachte, nahte die Entscheidung. Der 88er drehte seinen Kontrahenten viermal durch und benötigte danach nur noch einen Takedown zum überlegenen Punktsieg nach lediglich 2:46 Minuten.
Schlauer Gegner
Gerne vorzeitig gewonnen hätte auch Abdallh Karem im Freistil-Schwergewicht. „Normalerweise muss mein Kampf 16:0 ausgehen“, sagte der Mainzer. „Aber mein Gegner war schlau und hat mit Kopf gerungen.“ Tatsächlich beschränkte sich Yusuf Senyigit aufs Verteidigen, entzog sich weitgehend dem Kampf und ließ nur elf Punkte zu, was Karem aber zum 3:0-Sieg reichte.
Schon häufig aufeinandergetroffen sind Aleksander Semisorow und der Nürnberger Tim Stadelmann. Als der 88er Deutscher Einzelmeister wurde, hatte er seinen Kontrahenten technisch überlegen besiegt, im Hinkampf fehlte ihm nur ein Punkt zum gleichen Ergebnis, in Mainz musste er sich mit einem 9:0 begnügen. „Wenn Stadelmann im Vierfüßlerstand war, hatte ich meine Schwierigkeiten“, erläuterte Semisorow. „Er hat lange Arme und Beine, das hat viel Kraft gekostet.“
Und jetzt gegen den KSV Köllerbach?
Mehrmals hatte er den Nürnberger kurz vor einem Takedown, doch der sträubte sich, drückte Knie und Ellbogen durch und ließ sich kaum auf die Matte zwingen. Vorige Woche habe er ein Mittel gefunden, dieses Problem zu umgehen, erläuterte der 88er, doch Stadelmann habe daraus gelernt und sich neue Abwehrtechniken ausgedacht. „Wichtig war aber auch, dass sich keiner verletzt“, verwies Semisorow darauf, dass die Höhe des Sieges nicht oberste Priorität besaß.
Gleiches galt für Ahmet Dudarov und Wolny, die souverän ihr Pensum herunterspulten, jeweils 9:1 Wertungen einstrichen und damit exakt die Punktdifferenz erfüllten, die für ein 3:0 erforderlich war.
„Es waren interessante Kämpfe dabei“, bilanzierte Davyd Bichinashvili, „wir haben es gut gemacht.“ So einfach werden es die 88er am Samstag allerdings nicht haben, wenn der alte Südwestrivale KSV Köllerbach zum Viertelfinal-Hinkampf in die Mombacher Sporthalle „Am Großen Sand“ kommt. Beziehungsweise falls – am Sonntagabend entscheiden die acht noch im Wettbewerb verbliebenen Klubs, → ob und wie es weitergeht.