Der Nachwuchs macht's besser
Aus Palma de Mallorca berichtet Peter H. Eisenhuth.
Palma. Ein bisschen verkehrte Welt war das schon: Da mühte sich am Mittwochabend eine Mannschaft des FSV Mainz 05, in der sich sieben gestandene Profis befanden, gegen RCD Mallorca eine Halbzeit lang vergebens, ein Tor zu schießen, und ging mit 0:1 in die Pause. Dann erfolgte die in Testspielen übliche große Rotation, Bo Svensson nahm die Bundesligaakteure fast komplett vom Feld, brachte alle fünf U-23- und U-19-Akteure – und die wirbelten die Gastgeber schön durcheinander und gewannen die Partie mit 3:1.
„Ich fand nicht, dass wir in der ersten Halbzeit so schlecht waren“, sagte Bo Svensson. „Aber man hat den Unterschied gesehen, man hat gesehen, was in der zweiten Halbzeit besser war.“ Nach der Pause hatten seiner Leute sowohl mehr Tiefe als auch mehr Breite. Entscheidende Faktoren, um das Spiel zu drehen.
Zwar besaß der Bundesligist in der siebten Minute eine erste Torchance. Finn Dahmen lief einen Ball außerhalb seines Strafraums ab, schlug ihn halbrechts nach vorne, Marcus Ingvartsen verlängerte per Kopf und Timothé Rupils Schuss aus aussichtsreicher Position blockte ein Verteidiger. Danach aber litt das Angriffsspiel unter zu viel Kleinteiligkeit. Der Ball lief nicht selten über mehrere Stationen gut, „aber wir mussten viel über Doppelpässe lösen, und dann ist es halt eng“, monierte der Trainer.
Kaum Druck über die Flügel
Marcus Ingvartsen trat über einen perfekt aufgelegten Ball, Anthony Fulgini prüfte den stark parierenden Jaime mit einem Freistoß, Anton Stach flach aus der zweiten Reihe. An Situationen, schon vor der Pause ein standesgemäßes Ergebnis gegen den spanischen Viertligisten herauszuschießen mangelte es nicht – effektiv aber waren nur die Mallorquiner.
Deren ersten Konter stoppte noch Finn Dahmen, der sich dem hinter die Kette gekommenen Victor in den Weg warf (19.). Beim nächsten Angriff, eingeleitet durch einen Fehlpass von Innenverteidiger Niklas Tauer im Aufbau, ließ Lazaro dem Mainzer Keeper keine Chance. Ein drittes Mal kam RCD gefährlich vors Mainzer Tor, Victor passte von rechts am Strafraum diagonal in den Lauf von Marcos, dessen Direktabnahme aufs kurze Eck der abgetauchte Dahmen entschärfte.
„Da waren ein paar gute Szenen dabei, aber für unser Angriffsspiel haben ein paar Sachen gefehlt“, fasste Svensson die erste Halbzeit zusammen. Gefehlt hatte unter anderem mehr Druck von Aarón – der gegen seine Landsleute als Kapitän fungieren durfte – und Anthony Caci, sowohl gegen den als auch mit dem Ball. „Unsere Außenverteidiger standen nicht hoch genug“, sagte der Trainer, „deswegen ist das Spiel nicht so in die Breite gegangen, wie wir es gerne hätten. Das war nach der Pause besser, die Jungen haben ihre Sache sehr gut gemacht.“ Torabschlüsse inklusive.
Zielstrebig und erfolgreich
Das Spiel des Bundesligisten wirkte jetzt spritziger, dynamischer und, weil die Flügel stärker einbezogen wurden, abwechslungsreicher. Der ebenfalls eingewechselte Dominik Kohr musste sich als einziger Erstligastammspieler vorkommen wie ein Jugendherbergsvater, bekam allerdings keinen Grund geboten, den jungen Leuten die Ohren langzuziehen.
Im Gegenteil. Mit viel Druck und Zielstrebigkeit drängten sie die Gastgeber weitgehend in deren Hälfte, scheiterten mit ersten gefährlichen Aktionen durch Brajan Gruda, Lucas Laux und David Mamutovic noch am starken Schlussmann, bevor Gruda nach Vorarbeit von Bobzien ausglich (70.). „Man sieht, warum er ab Januar fest mit uns trainieren wird“, lobte Svensson den Jugendlichen.
Kurz nach dem 1:1 sah der Mallorquiner Imanol die Gelb-Rote Karte, die verbleibenden 19 Minuten – Nachspielzeit gab es nicht, Mallorca ist nicht Katar – verliefen sehr einseitig. Eine weite, präzise Flanke von Linksverteidiger Eniss Shabani wuchtete der als letzter 05er aufs Feld gekommene Leandro Barreiro mit bemerkenswerter Sprungkraft zum 2:1 unter die Latte (80.), zwei Minuten später schlenzte Mamutovic den Ball mit viel Übersicht von rechts in die lange Ecke.