Angriff mit zwei Offensivtalenten
Aus Palma de Mallorca berichtet Peter H. Eisenhuth.
PALMA DE MALLORCA. Selbst Leandro Barreiro mit seinen immer noch erst 22 Jahren kam sich am Mittwochabend ein bisschen alt vor. In der zweiten Halbzeit des Testspiels gegen RCD Mallorca B eingewechselt, hatte er neben dem 28-jährigen Dominik Kohr nur noch Jugendliche um sich herum. Außer dem Routinier gehörten alle Akteure, die Trainer Bo Svensson auf dem Feld hatte, der U19 oder U23 an oder dürften noch dort spielen. Abgesehen davon handelte es mit Ausnahme des Ex-Frankfurters durchweg um Eigengewächse aus dem Nachwuchsleistungszentrum am Bruchweg.
Und die Talente machten ihre Sache beim 3:1 (0:1) nicht nur gut, sondern deutlich besser als das mit sieben gestandenen Profis gespickte Team der ersten Halbzeit. Viel Aufmerksamkeit zog Brajan Gruda auf sich, ein A-Jugendlicher, der den Ausgleich erzielte. „Man sieht, warum er ab Januar fest mit uns trainieren wird“, sagte Svensson. „Wenn man ihm zuschaut, kann man sich vorstellen, wie dominant er in U-19-Spielen ist.“
Nicht nur aus dem Nachwuchs herausragen
Die Mainzer A-Junioren sind in dieser Saison so stark wie lange nicht mehr, die Süd/Südweststaffel der Bundesliga führen sie nach zehn Spieltagen mit 28 Punkten an. Der Kader nährt Hoffnung auf einen zweiten Meistertitel nach 2009, damals unter einem noch weitgehend unbekannten Trainer Thomas Tuchel. Doch aus dem Nachwuchs herauszuragen, reiche nicht, sagt Svensson. Die besten Spieler müssten den nächsten Schritt machen, „und dabei müssen wir ihnen helfen“.
Den 18-jährigen Gruda haben die Mainzer vor wenigen Wochen mit einem Profivertrag ausgestattet, weil er, wie Svensson ausführt, alle Komponenten mitbringe, die er für eine Bundesligakarriere braucht: Tempo, Athletik, Spielverständnis und vor allem auch die Mentalität. „Er hat schon einige Trainingseinheiten bei uns mitgemacht. Wenn man nicht weiß, dass er noch in der Jugend spielt, sieht man es nicht.“
Gruda ist ein Grund, aber nicht der einzige, für die Zurückhaltung der 05-Verantwortlichen, wenn das Gespräch auf mögliche offensive Neuverpflichtungen in der Winterpause kommt. Sollte Jonathan Burkardt nach seiner Gelenkstauchung im Knie, die aus dem Spiel gegen Eintracht Frankfurt stammt, zunächst konservativ behandelt, am Montag dieser Woche aber arthroskopisch operiert wurde, länger ausfallen, würden sie ganz sicher tätig werden. Davon aber gehen sie nicht aus. Sportdirektor Martin Schmidt rechnet vielmehr damit, dass der 22-Jährige im ersten Bundesligaspiel des neuen Jahres zumindest wieder auf der Bank sitzen wird.
Mustapha noch länger raus
Ungewisser ist die Perspektive im Fall von Marlon Mustapha, dessen Mitte September erlittener Pferdekuss am Oberschenkel sich zu einem größeren Problem ausgewachsen hat. „Der Hauptstrang des Muskels wurde arg zerquetscht“, berichtet Schmidt. Der 21 Jahre alte Angreifer musste sich zwei Operationen unterziehen. „Aber er hat immer noch nicht die volle Beugung.“
Mit Mustaphas baldiger Rückkehr könne der Trainer daher nicht planen, diesen Ausfall jedoch wolle der Verein mit seinen Talenten kompensieren. Plural – schließlich drängt in Nelson Weiper ein weiterer deutscher Juniorennationalspieler nach oben. Im Trainingslager auf Mallorca fehlt der 17-Jährige gebürtige Mainzer mit der Zwischenbilanz von 16 Toren in zehn A-Jugend-Bundesligaspielen wegen seiner Abiturprüfungen. „Ab Mitte Januar ist er im Kopf wieder frei, dann werden wir seine Wucht und Effizienz erleben“, schwärmt Schmidt. „Dann greifen wir an“, sagt Svensson.
Für Weiper, Gruda und im Grunde auch für den seit dieser Saison fest zum Profikader gehörenden Ben Bobzien gilt, was Bo Svensson sagt: „Es ist meine Aufgabe, sie möglichst schnell zu Bundesligaspielern zu machen.“ Welche Rolle die beiden Nachwuchskräfte, Mittelstürmer Weiper und der laut Svensson flexibel auf allen Offensivpositionen von der Acht bis zur Doppelspitze einsetzbare Gruda im Profifußball spielen können? „Nelson ist schon in der Lage, Akzente zu setzen“, verspricht der Trainer. Und Schmidt sagt über Gruda: „Wir trauen ihm zu, dass er für große Überraschungen gut sein kann.“