Geschichten aus St. Eiermark
Aus dem Trainingslager des FSV Mainz 05
berichten Peter H. Eisenhuth und David Kulessa.
OHNE WTORTE | Sachen gibt’s… Und Sacher. Die berühmte Wiener Tortenspezialität, die in keiner ordentlich sortierten Konditorei fehlen darf. Und deren Existenz zum Allgemeinwissen eines jeden halbwegs regelmäßigen Konditoreigängers gehört. Nun ja, gehören sollte. Als Ausnahme wollen wir in Ostfriesland aufgewachsene Menschen durchgehen lassen. Wie den Kollegen Florian Schlecht. Sachertorte? Nie gehört. Aber bestellt. Der Mann deckt auf einer Skala alle Felder von wissbegierig bis abenteuerlustig ab. Der Genuss hielt sich in Grenzen, nach der Hälfte schob er den Teller zur Seite.
„Schmeckt wie Schokoladenherzen mit Marmeladenfüllung an Weihnachten“, stellte er nach einer Phase des Nachdenkens (48 Stunden) fest. Dass er sich dennoch das komplette Stück einverleibte, lag an einer gewissen Willenlosigkeit gegenüber Frauen. Dem mit freundlichem Lächeln, aber strengem Unterton vorgetragenen „Hat’s etwa nicht geschmeckt?“ der Servierkraft vermochte er keinen Widerstand entgegenzusetzen.
GOTT UND BISCHOF | Er saß da wie ein ganz normaler Zuschauer auf der Tribüne. Kein Ehrenplatz, keine Jünger um sich geschart, kein Heiligenschein schwebte über seinem Kopf. Als wäre er nicht inzwischen auf einem Level angekommen, auf dem er in Mainz Gott am nächsten ist. Und dann grüßte er auch noch freundlich. Christian Heidel, wahrlich Mensch geblieben.
Davon durfte sich im 05-Trainingslager auch der Mainzer Bischof Peter Kohlgraf überzeugen, der seinen Urlaub im Salzburger Land zu einem Abstecher in die St. Eiermark nutzte, um eine Trainingseinheit der Mainzer Profis zu beobachten. „Einmal im Jahr versuch ich’s wirklich”, versicherte er und klang wie verschämte Passivchristen, die sie sich alljährlich an Heiligabend in die Kirche schleppen um diesmal wirklich bis zum Ende wachzubleiben und alle Lieder mitzusingen.
Kohlgraf meinte freilich den Besuch der baumarktähnlichen Kathedrale inmitten der Bretzenheimer Felder. Dass sie dort während der Saison alle 14 Tage „Im Schatten des Doms“ spielen, sollte ihm Ansporn genug sein, sich öfter auf den Weg zu machen.
FINGERÜBUNGEN | Als hätten sie geahnt, wer ihnen die Aufwartung machen würde, hatten die Mainzer in der Athletic-Area in Schladming schon am Tag ihrer Ankunft ein biblisches Motiv nachgestellt. Nein, nicht einen Witz mit abrahamitischem Bart à la „Jesus stand im Tor von Jerusalem und seine Jünger standen abseits“. Und auch nicht die schöne Peter-Moufarrege-Kurzgeschichte „Gott sprach zu Noah: Geh Du in den Kasten, ich mach‘ Sturm.“
Nein, es handelte sich um eine Szene ohne Worte, Michelangelos Deckenfresko aus der Sixtinischen Kapelle nachempfunden: die Erschaffung des Adams. Wer weiß, wem in diesem Fall die Finger gehören, möge die Antwort bis Montag, 8 Uhr, an [email protected] mailen. Unter den richtigen Einsendungen verlosen wir ein SPORTAUSMAINZ.de-Jahresabonnement.*
KÖNNEN SCHLÄGT KONDITION | Das „Klotzis 11“ (sprich: eleven), die Vereinskneipe der TSG Drais, ist dieser Tage geschlossen. Inhaber Tim Klotz weilt gerade im Dunstkreis des 05-Trainingslagers in Schladming und wird auch das Spiel gegen den FC St. Gallen am Dienstag kommentieren. Am Samstag suchte er selbst die sportliche Herausforderung – und fand einen ganz neuen Eleven: SPORTAUSMAINZ.de-Redakteur Peter H. Eisenhuth stellte sich einem Duell auf Sand.
Am Rande der 14. Schladming-Open lieferten sich die beiden ein knapp zweistündiges Tennismatch, das es nicht ganz mit dem Niveau auf den Hauptplätzen aufnehmen konnte, diesen Partien in Sachen Spannung aber in nichts nachstand. Am Ende setzte sich Können gegen Kondition durch. Eisenhuth hätte noch eine Stunde dranhängen können, Klotz, dessen Gesichtsfarbe aussah, als wolle er seine Gaststätte gegen die Weinstube „Roter Kopf“ tauschen, verhinderte es bei seinem 6:2, 3:6, 6:3-Erfolg mit starken Vorhänden.
COOLESSA | Vor dem ersten zweiten Kaffee ist er morgens nicht ansprechbar, für den Rest des Tages allerdings hellwach: David Kulessa, seit sechseinhalb Jahren Mitarbeiter von SPORTAUSMAINZ.de absolviert dieser Tage sein erstes Trainingslager als Journalist und erledigt diesen Job in einer Souveränität, die man von ihm erwarten durfte. Aufmerksam in der Beobachtung der Übungseinheiten, klar in der Analyse, kompetent in den Presserunden. Jederzeit in der Lage, seine Gedanken in Schriftform zu fassen (außer vor dem zweiten Kaffee). Und cool genug, am freien Samstag die sieben Kilometer lange Go-Kart-Strecke des Hochwurzen herunterzuheizen.
Andererseits: „Kicker“-Kollege Michael Ebert nutzte den Tag zu einer 50 Kilometer langen Fahrradtour durch die Berge. Höchstgeschwindigkeit: 67 Stundenkilometer. Selbst mit Elektrorad nicht schlecht.